Graz. XIII. Jahresausstellung des Vereines bildender Künstler Steiermarks. Der Eindruck, den diese Ausstellung auslöst, ist befriedigend. Keine Schablone, es machen sich Individualitäten geltend und die persönliche Note einzelner gibt der Sache einen interessanten Charakter. Man kann mit dem Schaffen dieser wahrlich seine Freude haben. Wenn man nach dem Besuche zurückdenkt, bleiben manche Schöpfungen in schöner Erinnerung. Ein neuer Künstler ist aufgetreten. Heinrich Gollob. Er muß lange in Spanien gelernt haben und dennoch drängt sich jene nördliche Schwere hervor, die mit den Geschöpfen des Südens gut Hand in Hand geht. Doch ist sein Pinsel noch zu schwer. Seine Vorwürfe verlangen leichte Hand. Neben ihm muß sofort Willy Thöny aus München genannt werden, der in seinen scharf charakterisierenden Werken in Farbe und Stimmung am Platze ist. Der Landschafter Alfred Zoff mit den gelungenen Marinen, der zarte Tambenger, diesmal wieder Porträtist von Kinderköpfchen und Kinderfiguren, haben sich bereits durchgesetzt. Des letzteren Interieurs schwelgen in milder, poetischer Farbe. Marussig Anton, der Liebhaber der flackernden Farbe in Fabriken, Damianos Konstantin, haben teilweise vorzügliches gebracht. Sehr muß der junge, ich glaube stumme Bildhauer Ambrosi interessieren. Seine bekannten Porträtköpfe sind mächtig und ausgezeichnet getroffen. Altmeister Brandstetter bringt ebenfalls wieder Werke freier Schaffenslust und Schaffenskraft.
So zeigt es sich also, daß auch bei uns künstlerische Bestrebungen sich richtig ausdrücken können.
Dr. Richard Schlossar.
DENKMÄLER
Wien. Auf dem Minoritenplatze, vor der Sakristeitüre der Kirche, ist ein vom Bildhauer Hans Scherpe geschaffenes Denkmal für Rudolf von Alt enthüllt worden.
FORSCHUNGEN
„Sappho und die Quellnymphe“, das ist der Kern der neuesten Deutung von Tizians himmlischer und irdischer Liebe, mit der Dr. J. Poppelreuter, Direktor am Wallraf- Richartz-Museum, die gelehrte Welt soeben überrascht. Wie schon bei früheren Erklärungen, spielt auch bei dieser jüngsten Deutung eine literarische Quelle die entscheidende Rolle und zwar hat Poppelreuter in einem Gedichte des Ovid, in welchem die unglückliche Liebe der Sappho zu Phaon geschildert wird, seinen Schlüssel zu Tizians Geheimnis gefunden. Er führt als besonders schlagend folgende Stellen an: Nachdem Sappho ihr Liebesweh geklagt, erhebt sie sich bei Tagesanbruch
Grotten besuch’ ich und Wald, als könnten mir Grotten und
Wälder Helfen, die Zeugen dereinst meines genossenen Glücks.
Wiederum find’ ich den Wald, der oft uns beiden ein Lager Darbot, über uns her breitend das schattige Laub.
An dem gebogenen Gras den befreundeten Rasen erkenn’ ich, Unserer Körper Gewicht hatte die Halme gekrümmt.
Glitzernd entspringt wie Kristall durchsichtig ein heiliger
Quell dort, Über ihn wölbt sich ein Lotosbaum von dem Rande des Wassers Gleich wie ein Hain, und es grünt zart an dem Boden das Gras. Hier nachdem ich, erschöpft vom Weinen, mich hatte gelagert, Stellte mir vor das Gesicht eine Najade sich hin, Stellte sich hin und sprach:...
(Es folgt der Rat, sich vom Leucadischen Felsen zu stürzen) Sprach’s und verschwand mit der Stimme zugleich: starr
richt’ ich mich aufwärts, Und nicht halten des Aug’s Wimpern die Tränen zurück.
Und als die Dichterin von ihrem Entschluß gesprochen, den Sprung zu wagen, heißt es:
Unter die Fallende breit’ auch du Freund Amor die Flügel!
Dies ist das von Poppelreuter gefundene literarische Vorbild, das er mit Tizians Gemälde in Zusammenhang bringt. Der Kölner Gelehrte will seinen Fund demnächst ausführlich begründen, so daß man gut tut, das Urteil so lange zurückzustellen.
Eine Studie über Giovanni d’Allemagna publiziert Carl Gebhardt in den „Monatsheften für Kunstwissenschaft“ (1912, Heft 10). Er versucht zuerst eine Trennung der Werke Giovannis und Antonio da Muranos, wobei er von des letzteren ohne die Mitarbeit Giovannis ausgeführtem Altar in Parenzo ausgeht. Nach Venturis Vorgang (Storia dell arte italiana, Bd. VII) nimmt er für Antonio allein folgende Werke in Anspruch: Verkündigung Mariä in San Giobbe zu Venedig, Dreiheiligenbild in San Francesco della Vigna zu Venedig (Mitarbeit Bartolomeo Vivarinis! ), Anbetung der Könige im Berliner Museum. Von hier ausgehend, stellt er die These auf, die meisten der von Antonio da Murano und Giovanni d’Allemagna gemeinsam bezeichneten Werke seien in der Hauptsache als Werke Giovannis anzusehen und Antonio habe nur Handlangerdienste bei ihnen geleistet. So werden folgende Arbeiten als Werke Giovannis aufgestellt: Madonna in der Pinakothek zu Città di Castello (ganz früh), Paradiso in San Pantaleone zu Venedig (1444), Großer Altar in der Akademie zu Venedig (1445). Dazu fügt Gebhardt noch eine Modonna in der Chiesa dei Filippini zu Padua, die er als erster entdeckt zu haben glaubt und abbildet. Dies Werk findet sich aber schon bei Crowe und Cavalcaselle. Bei den Arbeiten in San Zaccaria nimmt er folgende Trennung vor: von Giovanni die beiden Doppelbilder, sowie die hl. Markus und Elisabeth, von Antonio die hl. Sabina, Hieronymus und Icerius. — Über die künstlerische Herkunft Giovannis trägt Gebhardt dasselbe vor, was er schon in seinem Buch über die Nürnberger Malerschule gesagt hat. Er bemerkt bei ihm starke nordisch-gotische Stilelemente, lehnt aber die alte, noch von Leonello Venturi mitgeschleppte, gänzlich verfehlte Annahme kölnischen Einflusses ab. Dagegen sieht er starke Beziehungen zur gleichzeitigen Malerei Nürnbergs und insbesondere zur Kunst des von ihm konstruierten Hans Peurl. Da aber die Chronologie ihrer Werke es verbietet, Giovanni d’Allemagna von dem sogenannten Hans Peurl oder diesem von jenem als abhängig zu betrachten, so verfällt Gebhardt auf folgenden Ausweg: beide Künstler sind Nürnberger, sie wandern nach Venedig, machen hier mit Antonio da Murano eine gemeinsame Lehrzeit bei einem venezianischen Meister durch und beeinflussen einander und den Italiener. Peurl kehrt von italienischer Kunst beeinflußt nach Nürnberg zurück, Giovanni wird immer mehr zum Italiener, ohne den deutschen Untergrund in seinem Wesen und seiner Schulung je ganz zu verleugnen. Natürlich ist auch diese Erklärung nur als Hypothese anzusehen.
Z. v. M.
LITERATUR
Emile Verhaeren, Rembrandt. Übertragung von Stefan Zweig. Leipzig, Inselverlag, M. 3. —.
Wenn ein Dichter zur Feder greift, um einen Dichtermaler zu beschreiben, so kann man neue Offenbarungen erwarten. Diese bleiben hier aus. Zwar erklärt der Verfasser eingangs seine Absicht, Rembrandt aus den Klauen der schnüffelnden, zerkrümelnden, kleinpeinlichen Kritik retten und ihn »von innen« erfassen zu wollen. Aber was dann folgt, ist nichts anderes, als eine gediegene, aber
So zeigt es sich also, daß auch bei uns künstlerische Bestrebungen sich richtig ausdrücken können.
Dr. Richard Schlossar.
DENKMÄLER
Wien. Auf dem Minoritenplatze, vor der Sakristeitüre der Kirche, ist ein vom Bildhauer Hans Scherpe geschaffenes Denkmal für Rudolf von Alt enthüllt worden.
FORSCHUNGEN
„Sappho und die Quellnymphe“, das ist der Kern der neuesten Deutung von Tizians himmlischer und irdischer Liebe, mit der Dr. J. Poppelreuter, Direktor am Wallraf- Richartz-Museum, die gelehrte Welt soeben überrascht. Wie schon bei früheren Erklärungen, spielt auch bei dieser jüngsten Deutung eine literarische Quelle die entscheidende Rolle und zwar hat Poppelreuter in einem Gedichte des Ovid, in welchem die unglückliche Liebe der Sappho zu Phaon geschildert wird, seinen Schlüssel zu Tizians Geheimnis gefunden. Er führt als besonders schlagend folgende Stellen an: Nachdem Sappho ihr Liebesweh geklagt, erhebt sie sich bei Tagesanbruch
Grotten besuch’ ich und Wald, als könnten mir Grotten und
Wälder Helfen, die Zeugen dereinst meines genossenen Glücks.
Wiederum find’ ich den Wald, der oft uns beiden ein Lager Darbot, über uns her breitend das schattige Laub.
An dem gebogenen Gras den befreundeten Rasen erkenn’ ich, Unserer Körper Gewicht hatte die Halme gekrümmt.
Glitzernd entspringt wie Kristall durchsichtig ein heiliger
Quell dort, Über ihn wölbt sich ein Lotosbaum von dem Rande des Wassers Gleich wie ein Hain, und es grünt zart an dem Boden das Gras. Hier nachdem ich, erschöpft vom Weinen, mich hatte gelagert, Stellte mir vor das Gesicht eine Najade sich hin, Stellte sich hin und sprach:...
(Es folgt der Rat, sich vom Leucadischen Felsen zu stürzen) Sprach’s und verschwand mit der Stimme zugleich: starr
richt’ ich mich aufwärts, Und nicht halten des Aug’s Wimpern die Tränen zurück.
Und als die Dichterin von ihrem Entschluß gesprochen, den Sprung zu wagen, heißt es:
Unter die Fallende breit’ auch du Freund Amor die Flügel!
Dies ist das von Poppelreuter gefundene literarische Vorbild, das er mit Tizians Gemälde in Zusammenhang bringt. Der Kölner Gelehrte will seinen Fund demnächst ausführlich begründen, so daß man gut tut, das Urteil so lange zurückzustellen.
Eine Studie über Giovanni d’Allemagna publiziert Carl Gebhardt in den „Monatsheften für Kunstwissenschaft“ (1912, Heft 10). Er versucht zuerst eine Trennung der Werke Giovannis und Antonio da Muranos, wobei er von des letzteren ohne die Mitarbeit Giovannis ausgeführtem Altar in Parenzo ausgeht. Nach Venturis Vorgang (Storia dell arte italiana, Bd. VII) nimmt er für Antonio allein folgende Werke in Anspruch: Verkündigung Mariä in San Giobbe zu Venedig, Dreiheiligenbild in San Francesco della Vigna zu Venedig (Mitarbeit Bartolomeo Vivarinis! ), Anbetung der Könige im Berliner Museum. Von hier ausgehend, stellt er die These auf, die meisten der von Antonio da Murano und Giovanni d’Allemagna gemeinsam bezeichneten Werke seien in der Hauptsache als Werke Giovannis anzusehen und Antonio habe nur Handlangerdienste bei ihnen geleistet. So werden folgende Arbeiten als Werke Giovannis aufgestellt: Madonna in der Pinakothek zu Città di Castello (ganz früh), Paradiso in San Pantaleone zu Venedig (1444), Großer Altar in der Akademie zu Venedig (1445). Dazu fügt Gebhardt noch eine Modonna in der Chiesa dei Filippini zu Padua, die er als erster entdeckt zu haben glaubt und abbildet. Dies Werk findet sich aber schon bei Crowe und Cavalcaselle. Bei den Arbeiten in San Zaccaria nimmt er folgende Trennung vor: von Giovanni die beiden Doppelbilder, sowie die hl. Markus und Elisabeth, von Antonio die hl. Sabina, Hieronymus und Icerius. — Über die künstlerische Herkunft Giovannis trägt Gebhardt dasselbe vor, was er schon in seinem Buch über die Nürnberger Malerschule gesagt hat. Er bemerkt bei ihm starke nordisch-gotische Stilelemente, lehnt aber die alte, noch von Leonello Venturi mitgeschleppte, gänzlich verfehlte Annahme kölnischen Einflusses ab. Dagegen sieht er starke Beziehungen zur gleichzeitigen Malerei Nürnbergs und insbesondere zur Kunst des von ihm konstruierten Hans Peurl. Da aber die Chronologie ihrer Werke es verbietet, Giovanni d’Allemagna von dem sogenannten Hans Peurl oder diesem von jenem als abhängig zu betrachten, so verfällt Gebhardt auf folgenden Ausweg: beide Künstler sind Nürnberger, sie wandern nach Venedig, machen hier mit Antonio da Murano eine gemeinsame Lehrzeit bei einem venezianischen Meister durch und beeinflussen einander und den Italiener. Peurl kehrt von italienischer Kunst beeinflußt nach Nürnberg zurück, Giovanni wird immer mehr zum Italiener, ohne den deutschen Untergrund in seinem Wesen und seiner Schulung je ganz zu verleugnen. Natürlich ist auch diese Erklärung nur als Hypothese anzusehen.
Z. v. M.
LITERATUR
Emile Verhaeren, Rembrandt. Übertragung von Stefan Zweig. Leipzig, Inselverlag, M. 3. —.
Wenn ein Dichter zur Feder greift, um einen Dichtermaler zu beschreiben, so kann man neue Offenbarungen erwarten. Diese bleiben hier aus. Zwar erklärt der Verfasser eingangs seine Absicht, Rembrandt aus den Klauen der schnüffelnden, zerkrümelnden, kleinpeinlichen Kritik retten und ihn »von innen« erfassen zu wollen. Aber was dann folgt, ist nichts anderes, als eine gediegene, aber