Schaffen — entsprechen seiner Theorie. Wir sehen eine Menge einzelner nackter Männer, fast nur Jünglinge, auf einem Bilde gleich sieben in Paradestellung mit »Augen rechts« nach dem Flügelmann, die »weiche Schönheit des Weibes« in einem einzigen Bilde gegenüber dreißig bis vierzig Männern. Soweit diese Jünglinge gemalt sind, stehen sie alle auf neutralem, hellem Untergrund ohne jede Tiefenvortäuschung; die plastischen Gestalten aber fast alle ohne jede Bewegung und ohne seelischen Ausdruck — also in jener primitiven Auffassung, die ehedem ein Zeichen der noch nicht entwickelten plastischen Fähigkeit war, die heute aber nur als künstlich und altertümelnd wirken kann. Man wird gewiß zugeben, daß in den gemalten Jünglingen viel Anmut und Schönheit zu bemerken war — aber wenig Kraft und Männlichkeit. Uns machte diese Schaustellung von Jünglingsschönheit mehr den Eindruck, als stammte sie aus dem in seiner Verweichlichung berüchtigten Kapua, als aus Sparta oder Athen. Jedenfalls war an diesen verweiblichten Jünglingen keine Spur von der »Herbigkeit« männlicher Schönheit zu bemerken, die Sascha Schneider als Ideal rühmt. Auch konnten wir uns für die »metallische Schönheit« der drei lebensgroßen Figuren, die in Geislingen nach einem neuen galvanischen Verfahren über einem sorgfältig durchgearbeiteten Gipsmodell dargestellt sind, keineswegs erwärmen; die Masse machte den unerfreulichen Eindruck eines ungenügenden Surrogats. Sehr viel besser wirkten die marmornen Figuren, z. B. der Gürtelbinder, eine Figur in Handlung und Bewegung, die aber nach Schneiders eigener Theorie eigentlich zu den plastischen Unmöglichkeiten gehört.
Es soll nicht geleugnet werden, daß Schneider innerhalb des eng begrenzten Kreises, den ihm seine einseitige Theorie zieht, manches Schöne geschaffen und viel tüchtiges Können bekundet hat, aber vorbildlich kann weder die Theorie noch das gesamte neue Schaffen Schneiders genannt werden.
Über einige weitere Dresdner Sonderausstellungen berichten wir demnächst. P. Sch.
NEKROLOGE
× Otto Lessing † In der Villenkolonie Grunewald bei Berlin, wo sein Haus und seine Werkstatt durch ihre eigenartige nordische Holzarchitektur weithin kennlich waren, ist am 23. November der Bildhauer Prof. Otto Lessing im Alter von 66 Jahren gestorben. Mit ihm ist ein Mann dahingeschieden, der im künstlerischen wie gesellschaftlichen Leben Berlins Jahrzehnte lang eine bedeutende Stellung eingenommen hat. Lessing, ein Sohn des Romantikers Karl Friedrich und Urgroßneffe von Gotthold Ephraim Lessing, war am 24. Februar 1846 in Düsseldorf geboren. Seine frühzeitig erwachte vielseitige Begabung führte ihn zuerst zur Malerei, nachdem der Vater selbst ihn im Zeichnen unterwiesen hatte; dann kam er, als Schüler Steinhäusers in Düsseldorf und (1865—1868) A. Wolffs in Berlin, zur Plastik, doch ohne seine malerischen Studien völlig aufzugeben. Nach dem Kriege gegen Frankreich, den er mitgemacht hatte, ließ sich Lessing (1872) dauernd in Berlin nieder, wo er ein Atelier für Dekorationsskulpturen eröffnete und alsbald eine rege Tätigkeit entfaltete. In dieser Seite seiner Kunst lag Lessings Stärke; er gehörte
zu den Bildhauern, die vom Handwerklichen ausgingen und mit ihm in Verbindung blieben, und wurde so in der jungen Reichshauptstadt der beliebteste Helfer der Architekten. Allerdings blieb er dadurch auch völlig in den Stil- und Dekorationsgedanken dieser Bauepoche befangen, so daß seine technisch gewiß sehr tüchtigen Arbeiten uns heute vielfach entfremdet sind. Proben dazu finden sich in zahlreichen öffentlichen und privaten Berliner Gebäuden, vor allem im Reichstagsgebäude, im Reichskanzlerpalais, im Zeughaus, in der Technischen Hochschule in Charlottenburg, im Reichsjustizamt, in der Neuen Kirche auf dem Gendarmenmarkt. Als der Weiße Saal des Königlichen Schlosses umgebaut und neu ausgestattet ward (1894), wurden Lessing die wichtigsten dekorativen Details übertragen: die Relief-Reiterbildnisse des Großen Kurfürsten und Friedrichs des Großen sowie die allegorischen Figuren des Deckengewölbes. Mehr Beifall fanden die großen barocken Sandsteingruppen (Prometheus und Andromeda) an Ihnes Marstallfassade. Eine Zeitlang arbeitete Lessing auch in Gemeinschaft mit dem Berliner Stadtbaurat Ludwig Hoffmann; davon gibt namentlich der Herkulesbrunnen auf dem Lützowplatz Kunde, der weit besser gelang als der Rolandbrunnen zum Abschluß der Siegesallee (1902), wo Otto Lessing auch das Standbild von Albrecht Achilles zufiel. Von den sonstigen Monumentalarbeiten des Heimgegangenen sind das Lessing-Denkmal in Berlin (1890) oder Shakespeare in Weimar, der Kaiser Wilhelm für Hildesheim und das Denkmal des Dichters Wolfgang Müller in Königswinter zu nennen. Als die beste seiner freien Skulpturen könnte man die Halbfigur von Ludwig Knaus in der Nationalgalerie bezeichnen, der sich mehrere andere Porträts anschließen (darunter eine Büste Moltkes). Die malerische Begabung Lessings (ein Jugendbild »Die drei Jäger« hängt in der Karlsruher Galerie) führte ihn später besonders zu Glasmosaikentwürfen, z. B. für die Kuppel des Berliner Völkerkunde-Museums und einige Häuserfassaden in der City. Auch für Sgraffitomalereien und kunstgewerbliche Gegenstände verschiedener Art, denen man in Berliner Familien begegnet, zeichnete er Entwürfe. Vieles von seinen Schmuckstücken für Architektur ist in den von ihm herausgegebenen »Bauornamenten der Neuzeit« veröffentlicht (1880—92), neben denen einige andere Publikationen stehen (so »Schloß Ansbach«, 1893).
Karlsruhe. Gestorben ist im Alter von 68 Jahren der frühere langjährige künstlerische Leiter der hiesigen Großherzoglichen Kunststickereischule, Professor Fritz Baer, einer der bedeutendsten und bekanntesten Musterzeichner, der den hohen Ruf, den die genannte Anstalt seit einer Reihe von Jahren weithin genießt, mit begründete.
PERSONALIEN
Der Archäologe der Straßburger Universität, Professor Dr. Franz Winter, hat einen Ruf als Nachfolger Georg Loeschkes an die Universität Bonn erhalten und wird ihm voraussichtlich Folge leisten.
DENKMALPFLEGE
Mainz. Zur Restaurierung der Karmeliterkirche wurden von den Stadtverordneten 165000 M. angefordert und bewilligt. Der kunsthistorisch wichtige Bau enthält eine Reihe wertvoller Wandgemälde. Er soll nach der Restaurierung voraussichtlich als Museum Verwendung finden.
Venedig. Unter Sardis Leitung ist nun die Restaurierung von S. Stefano so gut wie beendet. Die häßlichen Scheinwölbungen sind nun auch aus dem rechten Seitenschiffe verschwunden und die schöne Balkendecke dadurch wieder sichtbar, ebenso wurden die letzten vermauerten Fenster
Es soll nicht geleugnet werden, daß Schneider innerhalb des eng begrenzten Kreises, den ihm seine einseitige Theorie zieht, manches Schöne geschaffen und viel tüchtiges Können bekundet hat, aber vorbildlich kann weder die Theorie noch das gesamte neue Schaffen Schneiders genannt werden.
Über einige weitere Dresdner Sonderausstellungen berichten wir demnächst. P. Sch.
NEKROLOGE
× Otto Lessing † In der Villenkolonie Grunewald bei Berlin, wo sein Haus und seine Werkstatt durch ihre eigenartige nordische Holzarchitektur weithin kennlich waren, ist am 23. November der Bildhauer Prof. Otto Lessing im Alter von 66 Jahren gestorben. Mit ihm ist ein Mann dahingeschieden, der im künstlerischen wie gesellschaftlichen Leben Berlins Jahrzehnte lang eine bedeutende Stellung eingenommen hat. Lessing, ein Sohn des Romantikers Karl Friedrich und Urgroßneffe von Gotthold Ephraim Lessing, war am 24. Februar 1846 in Düsseldorf geboren. Seine frühzeitig erwachte vielseitige Begabung führte ihn zuerst zur Malerei, nachdem der Vater selbst ihn im Zeichnen unterwiesen hatte; dann kam er, als Schüler Steinhäusers in Düsseldorf und (1865—1868) A. Wolffs in Berlin, zur Plastik, doch ohne seine malerischen Studien völlig aufzugeben. Nach dem Kriege gegen Frankreich, den er mitgemacht hatte, ließ sich Lessing (1872) dauernd in Berlin nieder, wo er ein Atelier für Dekorationsskulpturen eröffnete und alsbald eine rege Tätigkeit entfaltete. In dieser Seite seiner Kunst lag Lessings Stärke; er gehörte
zu den Bildhauern, die vom Handwerklichen ausgingen und mit ihm in Verbindung blieben, und wurde so in der jungen Reichshauptstadt der beliebteste Helfer der Architekten. Allerdings blieb er dadurch auch völlig in den Stil- und Dekorationsgedanken dieser Bauepoche befangen, so daß seine technisch gewiß sehr tüchtigen Arbeiten uns heute vielfach entfremdet sind. Proben dazu finden sich in zahlreichen öffentlichen und privaten Berliner Gebäuden, vor allem im Reichstagsgebäude, im Reichskanzlerpalais, im Zeughaus, in der Technischen Hochschule in Charlottenburg, im Reichsjustizamt, in der Neuen Kirche auf dem Gendarmenmarkt. Als der Weiße Saal des Königlichen Schlosses umgebaut und neu ausgestattet ward (1894), wurden Lessing die wichtigsten dekorativen Details übertragen: die Relief-Reiterbildnisse des Großen Kurfürsten und Friedrichs des Großen sowie die allegorischen Figuren des Deckengewölbes. Mehr Beifall fanden die großen barocken Sandsteingruppen (Prometheus und Andromeda) an Ihnes Marstallfassade. Eine Zeitlang arbeitete Lessing auch in Gemeinschaft mit dem Berliner Stadtbaurat Ludwig Hoffmann; davon gibt namentlich der Herkulesbrunnen auf dem Lützowplatz Kunde, der weit besser gelang als der Rolandbrunnen zum Abschluß der Siegesallee (1902), wo Otto Lessing auch das Standbild von Albrecht Achilles zufiel. Von den sonstigen Monumentalarbeiten des Heimgegangenen sind das Lessing-Denkmal in Berlin (1890) oder Shakespeare in Weimar, der Kaiser Wilhelm für Hildesheim und das Denkmal des Dichters Wolfgang Müller in Königswinter zu nennen. Als die beste seiner freien Skulpturen könnte man die Halbfigur von Ludwig Knaus in der Nationalgalerie bezeichnen, der sich mehrere andere Porträts anschließen (darunter eine Büste Moltkes). Die malerische Begabung Lessings (ein Jugendbild »Die drei Jäger« hängt in der Karlsruher Galerie) führte ihn später besonders zu Glasmosaikentwürfen, z. B. für die Kuppel des Berliner Völkerkunde-Museums und einige Häuserfassaden in der City. Auch für Sgraffitomalereien und kunstgewerbliche Gegenstände verschiedener Art, denen man in Berliner Familien begegnet, zeichnete er Entwürfe. Vieles von seinen Schmuckstücken für Architektur ist in den von ihm herausgegebenen »Bauornamenten der Neuzeit« veröffentlicht (1880—92), neben denen einige andere Publikationen stehen (so »Schloß Ansbach«, 1893).
Karlsruhe. Gestorben ist im Alter von 68 Jahren der frühere langjährige künstlerische Leiter der hiesigen Großherzoglichen Kunststickereischule, Professor Fritz Baer, einer der bedeutendsten und bekanntesten Musterzeichner, der den hohen Ruf, den die genannte Anstalt seit einer Reihe von Jahren weithin genießt, mit begründete.
PERSONALIEN
Der Archäologe der Straßburger Universität, Professor Dr. Franz Winter, hat einen Ruf als Nachfolger Georg Loeschkes an die Universität Bonn erhalten und wird ihm voraussichtlich Folge leisten.
DENKMALPFLEGE
Mainz. Zur Restaurierung der Karmeliterkirche wurden von den Stadtverordneten 165000 M. angefordert und bewilligt. Der kunsthistorisch wichtige Bau enthält eine Reihe wertvoller Wandgemälde. Er soll nach der Restaurierung voraussichtlich als Museum Verwendung finden.
Venedig. Unter Sardis Leitung ist nun die Restaurierung von S. Stefano so gut wie beendet. Die häßlichen Scheinwölbungen sind nun auch aus dem rechten Seitenschiffe verschwunden und die schöne Balkendecke dadurch wieder sichtbar, ebenso wurden die letzten vermauerten Fenster