der Antike, auf welchem sich diese Künstler mit der erklärten Sezession in der Abwendung von akademischer Konvention zusammengefunden haben — ein Programm von ewiger Dauer. Bei der seltenen Wohlgelungenheit unserer Figuren im ausgesprochen plastischen Sinne ist nicht zu verwundern, daß man nicht weit um sich zu blicken braucht, um die Nachwirkung der Figuren in den plastischen Erzeugnissen der jüngsten Jahrzehnte auf Wegen und Stegen zu sehen: so vieles von großer und kleiner Plastik, was da hebt, schiebt, trägt, zieht und wirft, stammt von den Figuren Stucks mindestens ebensoviel ab, wie von ähnlichen plastischen Treffern der älteren kunstgeschichtlichen Epochen. Schon wer diese Nachwirkungen der Schöpfungen in den zahlreichen Skulpturen wahrnimmt, welche längst vor ihren Vorbildern in allen Ehren als Großplastiken in den Museen und auf öffentlichen Plätzen stehen, wird den etwaigen Einwurf als hinfällig ansehen, der Athlet und die Amazone seien nur als Kleinplastiken empfunden und ihre Übersetzung ins Große verbiete sich deshalb, abgesehen davon, daß bei der Amazone durch die Form des Sockels schon äußerlich ausgesprochen ist, daß sie monumental gedacht ist. In Wirklichkeit liegt der Reiz der Figuren doch gerade darin, daß sie trotz der kleinen Form in der Gesamtbewegung wie in der Einzelbehandlung die Kraft der monumentalen Wirkung in sich bergen. Wohin man daher blicken möge, unsere Arbeiten stehen mit größten Ehren unter den Flervorbringungen der letzten Jahrzehnte. Man wird der Versuchung widerstehen, die Amazone etwa mit Tuaillons glücklicher Schöpfung zu vergleichen; denn es scheint nicht angebracht, zwei Kunstwerke in Vergleich zu setzen, welche sich so verschiedene Aufgaben stellen, jenes eine zugespitzte dramatische Aktion zu lösen strebt, dieses den Reiz in der Ruhe sucht; auch in der Auffassung der Naturformen im einzelnen sind die Verschiedenheiten bei beiden Künstlern zu groß, um verglichen werden zu dürfen. Aber man denke von Stucks Figuren aus an den Ruhm zurück, welchen vor nicht allzu vielen Jahren die damaligen Neuerscheinungen der französischen Bildhauerschule fanden. Man erinnert sich, wie zu der Zeit, als unser Künstler mit seinen Arbeiten hervortrat, vor etwa 15—20 Jahren, aller Wünsche in den deutschen Ateliers auf den Besuch des damals so vielgenannten Luxembourg-Museums hinausgingen. Diese Stimmung ist schon seit geraumer Zeit gewichen; denn viele der Arbeiten jener französischen Akademiker, welche sich ehemals durch die unzweifelhaft initiativen Verdienste des Pariser Aktstudiums bemerkbar machten, erscheinen uns heute — viele der Medaillen ausgenommen — alles andere als von nachhaltiger Wirkung, freilich nicht zum Mindesten im eigenen Lande erdrückt durch den hohen Ernst der Arbeiten Rodins. Fleute wird es uns leichter, den deutschen Leistungen gerecht zu werden gegenüber diesen durch Chic — so kann man mit dem Ausdruck der Seinestadt sagen — oder Deklamation bestechenden französischen Arbeiten, Bartholomes Totendenkmal nicht ausgeschlossen.
Wenn der Entschluß der Stadt Köln bekannt
sein wird, Franz von Stuck zu einem Monumentalauftrag heranzuziehen, werden sich vielleicht Stimmen erheben, welche sagen, es liege in dieser Beauftragung eines Malers etwas von einer Geringschätzung der eigentlichen Bildhauer, deren Arbeiten zur Verfügung stehen. Wir wollen nicht hoffen, daß unsere deutsche Bildhauerschaft eine solche doch nur einzelne Erwerbung für eine größer geplante moderne Skulpturensammlung nur unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten versteht und daß sie lieber sich über das darin ausgesprochene Vertrauen freuen wird, im eigenen Lande das Gute zu finden, wofern man es unabhängig von der Tagesmache sucht. Den anderen Vorwurf, auf den man gefaßt sein muß, wird der Leiter der Sammlungen selbst gerne über sich ergehen lassen, nämlich den, daß man in dem Auftrag auf eine in Kleinplastik lange bekannte Figur die Würze der Neuheit vermisse. Wer danach um jeden Preis suchen will, hat das in den Ausstellungen des In- und Auslandes sehr billig und das Feld dafür bleibt fernerhin offen; der nachdrückliche Hinweis auf das übersehene Gut, das offen am Wege liegt, erscheint ebenso verdienstvoll. Sind uns denn alle jene großen und größten Kunstwerke der Welt durch ihre zahllosen Reproduktionen überflüssig geworden? Und was verschlägt’s, ob die Verkleinerung vorher oder nachher liegt? Überdies ist dem Künstler freigestellt, der großen Ausführung neue Wendungen zu geben, welche ihm gut erscheinen.
Die längeren Diskussionen über den Aufstellungsort der Amazone haben sich in einem unerwartet schönen Endresultat vereinigt. Die zuständigen Faktoren haben ihre Einwilligung gegeben, den vor Jahren geäußerten Wunsch nunmehr doch zu erfüllen, den unvergleichlich schönen Innengarten des Museums mit moderner Plastik zu bestellen und haben sich darin mit dem Wunsche des Künstlers zusammen gefunden. Die Amazone wird den langvermißten plastischen Mittelpunkt des Gartens abgeben. Die strengen Linien der Skulptur werden in der frühgotischen Architektur ihren Rahmen finden. Darin wird man nicht einen Widerspruch mit dem modernen Empfinden, sondern seine beste Erfüllung sehen. Wer die jüngsten Wendungen unserer deutschen Baukunst mit Urteil beobachtet hat, wird wahrgenommen haben, daß die allergegenwärtigste stilgeschichtliche Wendung derselben ihre glücklichsten Augenblicke in dieser Verbindung hat; sie hat damit die wahrhaft innere Geistesverwandtschaft der beiden großen Stile glücklich empfunden.
NEKROLOGE
Gaston La Touche f. Mit Gaston La Touche, der an den Folgen einer Blinddarmoperation im Alter von 66 Jahren in Paris gestorben ist, verliert die französische Kunst der Gegenwart einen ihrer glänzendsten Vertreter. Als Koloristen und Dekoratoren sind neben, aber kaum vor ihm nur noch Albert Besnard und allenfalls Jules Cheret zu nennen, aber jeder der drei ist so eigenartig, daß man eigentlich unrecht hat, hier eine Rangfolge festlegen zu wollen. La Touche schloß sich eng an die französischen Maler des 18. Jahrhunderts an, deren Themen auch die seinigen waren, also daß man ihn wohl in der Reihe der Boucher und Fragonard nennen könnte. Am liebsten ver