Straßburg i. Eis. Im Kunsthause neu ausgestellt ist eine vom Verbände Straßburger Künstler veranstaltete Sommerausstellung. An derselben sind 26 Künstler und Künstlerinnen mit insgesamt 63 Arbeiten vertreten. Als bedeutendste Erscheinungen seien H. Ebel, H. Beecke, Eugen Holtzmann, L. Hueber und Rene Kuder hervorgehoben. Auch Paul Leschhorn, dessen Stärke in seinen Schneebildern in Farbenholzschnitt besteht, hat ein Temperabild »Reif und Nebel« ausgestellt. Die Dauer der Ausstellung ist bis Ende August vorgesehen. k.
Chemnitz. Die Kunsthütte stellte im Juni 100 Simplizissimus-Originale aus. Mit Ausnahme von Heine waren sämtliche Künstler verireten. Unterden jüngeren fällt Woelfle durch seine Zeichnungen und durch gut gestimmte Blätter voll farbigen Lebens auf, ebenso Kainer durch die wirkungsvoll getönten, kapriziösen und leicht pikanten Zeichnungen aus dem Leben der Halbweltdame. — Ein junger Österreicher, Hofmann-Linz, erweckte Interesse durch seine unmittelbar und ursprünglich gesehenen und erfaßten Hochgebirgslandschaften, die ein sicheres Gefühl für farbige Wirkung zeigen. Unter den anderen ausgestellten Werken verdienen Scheuritzels malerisch empfundene Radierungen der Erwähnung.
Bei Gerstenberger war Stagura mit einer größeren Gemäldekollektion vertreten. f. itz.
SAMMLUNGEN
Frankfurt a. M. Die Städtische Galerie hat einen außerordentlich bedeutsamen Ankauf vollzogen. Es handelt sich um eine durch ihren Umfang wie durch ihre Qualität bisher völlig einzigartige Gruppe von deutschen Alabasterskulpturen aus den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts. Die Gruppe — sie hat als Altarschmuck gedient — besteht aus einer ausführlichen Darstellung der Kreuzigung und aus zwölf rundplastischen Statuetten von Aposteln. Die Figuren haben etwa ein Drittel Lebensgröße. Das hohe Kreuz Christi ist mit den Evangelistensymbolen geschmückt, sein mittlerer Stamm endigt in einer Kreuzblume, sein Fußende umklammert die halb in die Knie gesunkene Maria Magdalena. Unter dem Kreuz des Schächers zur Linken befindet sich die Gruppe der Frauen, die die zusammenbrechende Maria halten, außerdem zwei zum Kreuz Christi emporblickende Figuren. Unter dem Kreuz des rechten Schächers steht der Hauptmann, ein emporblickender Kriegsknecht und eine jugendliche männliche Figur. — Das zunächst in die Augen fallende Charakteristikum der Gruppe ist die nicht zu übertreffende Feinheit der Technik. Die Behandlung des Faltenwurfs — die Figuren haben den unverkennbaren »weichenStil« des frühen 15. Jahrhunderts — ist bei allem Reichtum, bei aller Vielfältigkeit der Motive doch von einer ganz milden, ganz gehaltenen, vor allem aber von äußerst delikater Art. Die Gewanddrapierung hat nicht den aufgewühlten, erregten Charakter, der viele Skulpturen der Zeit kennzeichnet; sie hat eine zurückhaltende, milde Art; ihr Fall ist — möchte man sagen — leise tropfend. Die Gewänder umbrausen nicht, sie hüllen ein. Nicht einen Moment, nicht an einer einzigen Stelle wird das graziöse Linienspiel der undulierenden Falten, werden die hängenden Faltenkaskaden, wird das Kräuseln der Falten auf dem Boden schematisch. Die unscheinbarsten Details — ein umgelegter Saum etwa, oder die Faltenkonstellation bei einem Übereinanderhängen des weichen Stoffes — sind mit unglaublichem Feingefühl für das Stoffliche ebenso wie für das Formale gebildet. — Von ganz besonderer Schönheit sind die Hände, lange, schmale, aristokratische Hände, die lose, wie tastend fassen, sich in schmalen Gelenken biegen, deren leise Gesten die vollendeten Träger einer Empfindung sind. — Bei den Köpfen
fällt zunächst der große Reichtum der durch und durch bildhauerisch empfundenen und gefügten Formen auf. Sie dokumentieren eine seltene und erstaunliche Kenntnis vom Bau eines Kopfes, eine fabelhafte Empfindsamkeit für alle tastbare Form, eine enorme Fähigkeit, durch feinste Varianten in den Formen zu charakterisieren. Auch bei den Köpfen ist der erste Eindruck der einer großen Gehaltenheit und Milde. Bei näherem Betrachten aber ist man erstaunt, wie viel verhaltene Kraft, wie viel Pathos, ja Erregung aus der gebändigten Form hervorzubrechen vermag. Dies, nämlich Energie, die durch Form gebändigt ist, bezeichnet wohl am richtigsten den künstlerischen Charakter der ganzen Arbeit. — Kunsthistorisch ist die Gruppe nicht so isoliert, wie es zunächst erscheinen mag. Ganz unbestreitbar ist sie eine deutsche Arbeit aus den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts. Sie enthält manche Anklänge an Italienisches, das sich bei eingehender Betrachtung allerdings viel mehr reduziert als es im ersten Moment erscheint. Die Beziehung des Meisters zu Italien, d. h. seine Kenntnis italienischer Kunst ist aber sicher: Eine eigenhändige Arbeit von ihm befindet sich im Dom in Rimini: die sogenannte Madonna del aqua. Deutlich ist auch seine Beziehung zur französischen, genauer burgundischen Kunst. Ganz von der Hand zu weisen ist die in einigen Zeitungen behauptete Zusammengehörigkeit mit den bekannten englischen Export-Alabasterarbeiten. Mit denen hat die Frankfurter Gruppe nichts gemein als das völlig international benutzte Material. Dagegen gibt es eine Anzahl von Skulpturen, die stilistisch eng mit der FrankfurterGruppe zusammengehören, die zweifellos deutsch sind und nie für etwas anderes gehalten worden sind. Ich kann aber in diesem ersten Hinweis der ausführlichen Publikation nicht durch speziellere Angaben darüber vorgreifen. So viel darf aber schon jetzt mit Sicherheit gesagt werden, daß bisher alle Linien nach dem Mittelrhein laufen (die Lorcher Kreuztragung und die Limburger Kreuzigung sind nicht die nächststehenden wenn auch verwandten mittelrheinischen Dinge), daß wir es offenbar mit dem Hauptwerk einer wahrscheinlich mittelrheinischen, sicher aber westdeutschen Schule zu tun haben, deren Feststellung und Gruppierung der Frankfurter Altar ermöglichen wird. — Die Kenntnis der Gruppe schenkt uns also nicht nur ein bisher unbekanntes deutsches Kunstwerk von höchster Qualität, sondern sie ist auch imstande, unsere kunsthistorischen Kenntnisse — dazu sind vor allem die Aufschlüsse über Beziehungen zu Italien zu rechnen — wesentlich zu erweitern.
a. W.
Für die Dresdner Galerie wurde soeben ein Gemälde von Max Liebermann angekauft: Blick vom Uhlenhorster Fährhaus über die Alster in Hamburg aus dem Jahre 1910. Nicht das Gegenständliche ist die Hauptsache, vielmehr reizte den Künstler zur Darstellung die Abendstimmung auf dem Wasser, der weiche Duft der feuchten Atmosphäre und das Leben des Lichts unter einem stillen, klaren Himmel, dessen Reflex die weite Wasserfläche und die Ferne mit den schimmernden Segeln vor der zarten Silhouette der Stadt in ein kühles bläuliches Licht taucht. Und in dieser hellen vibrierenden Atmosphäre eines zu Ende gehenden lichten Tages ist das wimmelnde Leben der aus dem Fährboot Aussteigenden, der Menschenmenge in den Booten längs des Steges, die Ruderer auf dem Wasser mit den einfachsten Mitteln und einer überraschenden Virtuosität wiedergegeben. Diese starke eindringliche Bildwirkung, die außerordentliche Lebendigkeit der Bewegung und die bei aller Einheitlichkeit reiche Kraft der Farbe verdankt das Bild seiner persönlichen Malweise, die mit sicherem Takt nur das Wesentliche gibt in breiten, mit unfehlbarer