Wulff mit Anderen für ein Werk Donatellos hält. Den Beschluß macht eine Untersuchung des Mandorlareliefs Nannis, die diesem sowohl in ästhetischem wie in entwickelungsgeschichtlichem Sinn eine sehr hohe Stelle anweist. Im Laufe der Untersuchung ergibt sich mehrfach die Gelegenheit, Nanni mit anderen zeitgenössischen Bildhauern in Parallele zu setzen und zu zeigen, daß er, empfangend wie gebend, eine nicht unbedeutende Rolle in der Geschichte der florentinischen Plastik gespielt hat. _____________________________________________
VERMISCHTES
Bilder aus Leibis Frühzeit. Die Notiz in Nr. 37 der »Kunstchronik« über ein zum Vorschein gekommenes Werk aus Leibis Frühzeit, also aus den Jahren vor 1864, und dessenSeltenheit veranlaßt mich zu folgenderMitteilung: Im Besitze unserer Familie befinden sich vier Porträts von Leibi aus dem Jahre 1862. Leibi verkehrte freundschaftlich in der Familie meiner Frau und hat eine von deren Schwestern und ihre drei Brüder gemalt und zwar auf große Schieferplatten, die damals am Leystapel in Köln aufgeschichtet lagen und für 25 Pfg. das Stück zu kaufen waren. — Diese Bilder waren auch auf den Leibl-Ausstellungen in Köln 1901 und Berlin 1906 ausgestellt und sind auch in dem Katalog der Kölner Ausstellung unter den Nummern 9—12 aufgeführt. Otto Betzier.
Die französische Deputiertenkammer hat 80000 Franken für den Bronzeguß des Planes der antiken Stadt Rom bewilligt, den der Architekt Bigot in dreizehnjähriger Arbeit modelliert hat, und den man vor zwei Jahren auf der Ausstellung im Thermenmuseum sehen konnte. Der Plan zeigt die sämtlichen öffentlichen und privaten Bauten Roms zur Kaiserzeit in Relief, und wenn da selbstverständlich zahlreiche Irrtümer mit untergelaufen sind, so gibt die Arbeit doch ein sehr anschauliches Bild der mutmaßlichen Gestalt des antiken Roms. Der Bronzeguß soll in der Sorbonne aufgestellt werden.
Zu einem wirtschaftlichen Verband haben sich nun auch die Dresdner Künstler zusammengeschlossen. In der beschließenden Versammlung waren alle Richtungen und Körperschaften vertreten: die Kunstgenossenschaft und die Künstlervereinigung,das Lehrerkollegium der Kunstakademie und die Kgl. Kunstgewerbeschule. Über die Ziele des Verbandes, die wirtschaftlichen Interessen der Künstler ohne Ansehen der Partei und ohne Rücksicht auf das künstlerisch Trennende nach jeder Seite hin zu wahren, sprach Maler Hofrat Witting. Außer ihm noch Geh. Hofrat Cornelius Gurlitt und zwei Berliner Künstler. Der Beschluß, den Verband zu gründen, wurde einstimmig gefaßt. Die Geschäfte führt bis zur endgültigen Gründung Hofrat Waller Witting.
LITERATUR
Dr. Fritz Witte, Die Skulpturen der Sammlung Schniitgen in Köln. Berlin 1912, Verlag für Kunstwissenschaft.
Wenn von England oder Amerika die Nachricht von irgend einer großartigen Stiftung eines privaten Kunstsammlers zu uns kommt, pflegen wir mit neidischen Blicken nach drüben zu schauen, denn die Zahl der deutschen Kunstfreunde, die ihre Sammlungen ihrem Volke schenken, ist nicht allzugroß. Die Stadt Köln kann stolz sein darauf, eine der großartigsten Kunststiftungen, die von einem Privatmann in Deutschland je gemacht worden, in ihren Mauern zu beherbergen. Der Domkapitular D. Dr. Alexander
Schnütgen, wohl bekannt als Redakteur der »Zeitschrift für christliche Kunst« und Verfasser von einer Reihe von Arbeiten, die die christliche Kunstgeschichte bereichern, hat am 14. April 1906, an dem Tage, an welchem er auf eine vierzigjährige Tätigkeit als Geistlicher in Köln zurückblicken konnte, der Stadt seine umfangreiche Sammlung von kirchlichen Kunstwerken zum Geschenk gemacht. Die Stadtverwaltung hat zur Beherbergung der mehr als 1200 Nummern umfassenden Sammlungen, die früher in der nur über bescheidene Räumlichkeiten verfügenden Kurie des hochherzigen Stifters untergebracht waren, einen eigenen Anbau an das Kunstgewerbemuseum errichten lassen, das am 26. Oktober 1910 eröffnet wurde. Die Schnütgensche Sammlung umfaßt alle Gegenstände, die im kirchlichen Gebrauch Vorkommen, als da sind Metallarbeiten (Kelche, Monstranzen, Räuchergefäße, Ostensorien usw.), Holzbildwerke (Statuen, Chorgestühle, Reliefs, Altarwerke usw.), Bildwerke in Elfenbein, Textilien, Glasmalereien usw. Sie sind nicht systemlos ä l’hazard aufgestapelt worden, sondern mit gelehrtem Fleiße so gesammelt worden, daß sie die einzelnen Typen der Kunstgegenstände für den kirchlichen Gebrauch in möglichst lückenloser, unter dem Gesichtspunkte der entwicklungsgeschichtlichen Reihenfolge zusammengestellten Serien vorführen. Darin besteht der vornehmste Wert der Sammlung, ln anderen Museen wird man mehr erstklassige Kunstwerke finden, aber die Entwicklungsgeschichte der kirchlichen Kunst und besonders des kirchlichen Kunstgewerbes wird man wohl in keiner anderen öffentlichen Sammlung so instruktiv und vollständig vorgeführt finden, als in der Schnütgenschen Sammlung.
Jetzt, wo die großartige Sammlung endgültig aufgestellt ist und Gemeingut aller Interessenten geworden, sollen ihrer Bedeutung entsprechende illustrierte Kataloge der einzelnen Abteilungen erscheinen. Der vorliegende, überaus stattliche erste Band enthält die Skulpturen in Holz, Elfenbein, Stuck und Papiermasse und ist vom langjährigen Amanuensis Schnütgens, Dr. Fritz Witte, verfaßt worden. Voran geht eine kurze Einleitung Schnütgens, in der er die Entstehungsgeschichte seiner Sammlungen in großen Zügen schildert. Als Einführung zu dem eigentlichen Katalog dienen einige kurze, aber gehaltreiche ikonographische Abhandlungen, die zusammenfassend auf den Inhalt der Sammlungen zurückgreifen (Der Kruzifix in der mittelalterlichen Plastik des Abendlandes, vornehmlich Deutschlands; Die Entwickelung des Madonnentypus in der nordwestdeutschen Plastik des Mittelalters; Maria in der Sonne; Die Pieta; Die heil. Anna und die »Selbdrittgruppen«; Die Johannisschüsseln: Der Palmesel). Wie in diesen Abhandlungen vornehmlich Nordwestdeutschland, mit Köln an der Spitze, berücksichtigt wird, so sind die über 400 katalogisierten Gegenstände, die auf 100 ausgezeichneten Lichtdrucktafeln abgebildet sind, zum größten Teil niederrheinischen oder westfälischen Ursprungs, wenn auch manche interessante Gegenstände süd- oder mitteldeutscher und italienischer Herkunft vorhanden sind. Die Beschreibungen sind sehr sorgfältig, nach den modernsten Prinzipien der Wissenschaft gearbeitet. Bei den meisten Stücken ist der Ort der Erwerbung angegeben. Die Herkunftsbezeichnungen beruhen wohl auf den Angaben Schnütgens, denen man sich rückhaltlos anvertrauen kann. Alles in allem: wir haben hier nicht nur ein würdiges Denkmal für die Munifizenz des gelehrten Stifters, sondern auch eine sehr bedeutungsvolle wissenschaftliche Leistung vor uns!
-th.
Inhalt: Ein Monumentalauftrag au Franz v. Stuck. — La Touche t; N. Ales f; E. F. Salmonf, O. Sardif. — Personalien. — Wettbewerb für eine Plakette. — Ausgrabungen in Veji.— Ausstellungen in Kassel, Baden-Baden, Koblenz, Düsseldorf, Straßburg, Chemnitz. - Stadt. Galerie in Frankfurt a. M.; Dresdener Oalerie; Suermondt-Museum in Aachen; Wallraf-Richartz-Museum in Köln; Städt. Gemäldegalerie in Königsberg i. Pr.; Leipziger Kunstgewerbemuseum. — Forschungen. — Vermischtes. — Literatur.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße 11a
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig