KUNSTCHRONIK
Neue Folge. XXIV. Jahrgang 1912/1913 Nr. 41. 15. August 1913
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Die nächste Nummer der Kunstchronik, Nr. 42, erscheint Anfang September
Im Rijksmuseum hängt unter Nr. 750, als A. Cuyp katalogisiert, ein vortreffliches Bild, das den Kampf eines Hahnes mit einem Truthahn darstellt. Unsere Abbildung macht eine Beschreibung überflüssig. Das Bild ist pastös gemalt und hat einen warmen Qesamtton, freilich erhöht durch eine gehörige Dosis alten gelben Firnisses. Provenienzunbekannt. Seitdem die alte Attribution von Hofstede de Oroot (Oud-Holland XVII) bestritten wurde, heißt sie im Katalog; zweifelhaft. De Oroot meinte, das Bild könne vlämischen Ursprungs sein.
Daß dem nicht so ist, lehrten mich zwei zufällige Funde.
Im Inventar des 1705 verstorbenen Amsterdamer Bürgermeisters Jacob Hinlopen werden die Bilder extra von Jan Pietersz Zomer, dem berühmten Kunstmäkler taxiert. Und da finden wir: »ein Kampf zwischen einem Hahn und einem Truthahn, vom alten Hondecoeter.« Daß damit nur Oysbert, nicht der Feinmaler Gillis d’ Hondecoeter gemeint sein kann, ist klar. Ich habe mir die eigentlich recht seltenen Bilder Gysberts noch einmal genau darauf angesehen und kam zu dem Resultat, daß dieser das Bild sehr gut gemalt haben kann. Es verrät seine Technik und sein Kolorit, nur ist es seinen an
DAS MEISTERWERK VON GYSBERT D’HONDECOETER
Oysbert d’Hondecoeter, Kampf eines Hahnes mit einem Truthahn. (Amsterdam, Rijksmuseum) Oysbert d’Hondecoeter, Kampf eines Hahnes mit einem Pfau. (München, Smlg. Oskar Dolch)
dern Bildern weit überlegen.
Soweit war ich, als mir aus München eine Photographie eines angeblichen Cuyp zugeschickt wurde, der einen ähnlichen Gegenstand: den Kampf eines Hahnes mit einem Pfau darstellt. Ich schrieb dem Besitzer, daß ich das Bild (nach meinem letzten Fund) eher für einen Gysbert d’Hondecoeter hielt, jedenfalls nicht für Cuyp. Und was antwortet mir der Besitzer, HerrOskar Dolch ? Er hätte es unter Hondecoeters Namen angekauft, aber dann sei ihm die große Ähnlichkeit mit dem Amsterdamer Bild aufgefallen, und er hätte es auf Cuyp umgetauft. Nach meinerMitteilung habe er aber das Bild noch einmal genau untersucht, und die Spuren des Monogrammes von Gysbert (undGillis!) D’Hondecoeter entdeckt.
Das Münchener Bild ist 1,16 m hoch und 1,26 m breit. Das Amsterdamer 1,27 X 1,58. Das letztere ist weithin das bedeutendste der beiden Bilder, aber vieles ist genau so gemalt auf beiden. Man beachte besonders die Hühner auf beiden Gemälden. Ich glaube wenigstens, daß man dieses schöne Bild, welches den Namen Cuyps mit Unrecht trug, mit viel mehr Wahrscheinlichkeit demGysbert d’Hondecoeter zuschreiben darf. A. Bredius.