neuen Stil, einer neuen Formensprache, aber da sie noch suchen, noch unsicher hin- und hertasten, ist das Gleichgewicht zwischen Form und Inhalt oft noch nicht hergestellt, und die technischen Probleme treten zu sehr in den Vordergrund. Unter diesen Suchern ist der bemerkenswerteste Leo Gestel, der hier seine Entwicklung vom dekorativen Luministen zum Kubisten zeigt. Gestels Farbe hat wie die von Sluyters, mit dem er früher mehr Berührungspunkte hatte, an Grelle verloren, sie ist gedämpfter und wärmer, der Auftrag dünner geworden; wie Cezanne läßt er die Leinwand stellenweise unbedeckt; im ganzen wirkt er heute feiner als vor zwei Jahren. Daß auch bei einem Porträt die Zerlegung der Figur in einen Komplex sich schneidender flächiger Gebilde, die stereometrische Auflösung, die Betonung der Kante künstlerisch befriedigen und besonders im Ausdruck überraschende Resultate erzielen kann, beweist ein weibliches Porträt von ihm. Aber auch ohne solche kubistische Vergewaltigung der Wirklichkeit gelingen ihm in der Farbe feine Sachen, wie in dem großen dekorativ gehaltenen. Stilleben. Von Cezanne beeinflußt zeigt sich der in Paris tätig gewesene Otto van Tusschenbroek, der in seiner Landschaft mit den grauen, eine Anhöhe hinaufgebauten Häusern (Le Moulin de la Butte) ein ehrliches, auf Sachlichkeit gerichtetes Talent bekundet; in seiner Gleichgültigkeit gegen die Farbe und in seinem klaren Aufbau des Terrains ist das Werk typisch für die Reaktion auf den nur farblich gestimmten Impressionismus. — Bei zwei Künstlern, bei L. Schwarz und Fräulein E. Berg, macht sich ein noch modernerer und in seinem Wesen der Kunst Cezannes und der Kubisten wiederum entgegengesetzter Einfluß geltend: der Kandinskys, dessen Werk vergangenen Winter hier in Holland in verschiedenen Städten ausgestellt gewesen ist und besonders in den Kreisen der Jüngeren große Bewunderung gefunden hat; einer der führenden holländischen Dichter, Albert Verwey, hat die Wirkung der Kandinskyschen Farbensymphonien in sehr schönen Versen besungen, die in meisterhafter deutscher Übersetzung im Sturm (Februar 1913, Nr. 148—149) erschienen sind. Einige Werke dieser Kandinskyjünger sind noch Abbilder einer bestimmten äußeren Wirklichkeit, die zwar dekorativ vereinfacht ist, aber die dargestellten Gegenstände noch deutlich erkennen läßt, so die Landschaft mit den badenden Männern von Schwarz, die von einem wunderbaren, tiefen, warmen Kolorit ist, und das Bild eines sitzenden Mädchens mit roter Schürze von Fräulein Berg, das an farblicher Kraft dem vorigen Werke zwar nachsteht, aber durch die zusammenfassende malerische Behandlung sehr bemerkenswert ist; man wird hier an Munch erinnert. Andere Arbeiten der beiden geben lediglich Farbensymphonien, wo die Farbe nicht mehr das Akzidenz von Körpern ist, sondern selber Substanz geworden, nur um ihres eigenen Reichtums, ihrer eigenen Schönheit willen da ist; das Spiel ihrer Harmonien und Dissonanzen, als die vorläufig noch dunkel geahnte Sprache für seelisches Erleben, ist, wie bei der Musik, der Zweck dieser Kunst.
Es erübrigt sich, noch auf einige andere Erscheinungen der modernen holländischen Malerei hinzuweisen, die keiner bestimmten Richtung angehören, aber doch Neues und Eigenartiges schaffen. Da ist C. Huidekoper, der neben konventionellen, aber in der Farbe delikaten Sachen, Fischerbildern aus Volendam, ein wegen seiner persönlichen Auffassung auffallendes Interieur mit einer Bauernfamilie, die ihr Tischgebet verrichtet, ausgestellt hat. Der Gegenstand ist seit Israels’ Vorgehen bis zum Überdruß von holländischen Malern behandelt worden, aber immer in demselben Geist, immer wegen des Malerischen oder Gemütvoll-Innigen des Sujets. Huidecoper stellt die Szene als eine Art
Farce dar, er sieht nur die häßliche, nüchterne, kahle Einrichtung, die nackten grauen Wände, den geschmacklosen, ordinären Teppich und das Stumpfsinnig-Gierige in dem Ausdruck der Personen, für die das Gebet, wenn vielleicht auch keine Heuchelei, so doch eine ganz äußerliche Handlung ist; das Ganze empfindet er jedoch nicht tragisch, wie van Gogh in seinen Kartoffelessern, sondern humoristisch wie ein Jan Steen; an diesen Meister erinnert auch die liebevolle Beobachtung der beiden Kinder und der Katze im Vordergrund sowie einige Feinheiten der Farbe. Als ein in der Auffassung ganz selbständiges Werk muß hier auch noch das tote Kind von Fräulein Gori erwähnt werden. — Bei den Landschaftsmalern, die Neues bieten, ist es wohl auffallend, daß sie alle außerhalb ihrer Heimat ihre Motive wählen; das dürfte kein Zufall sein. Es hängt wahrscheinlich damit zusammen, daß es schwieriger ist, seiner Heimat, die man meistens mit den Augen der großen Meister, die sie interpretiert haben, sieht, neue Reize abzugewinnen, ihr gegenüber seinen selbständigen Blick zu wahren, als bei einer fremden Natur, die noch in ihrer jungfräulichen, von niemand entschleierten Schönheit vor einem liegt. So malen zwei Künstler, Filarski und Smorenberg, Alpenlandschaften aus der Umgegend von Genf, Schneefelder, die in der Sonne glänzen, die Weinberge bei Chailly, den Friedhof von Clärens in einer breiten, kräftigen Technik, in hellen, oft grellen Farben; Filarski ist der feinere, Smorenberg, der einen reliefartigen Farbenauftrag liebt, ist etwas gröber. Ein anderer, W. H. Singer, sucht seine Motive auf den Bergwiesen Norwegens, seine dekorative Behandlung scheint er dem Münchner Ludwig Dill abgesehen zu haben; jedenfalls erinnern seine Bäume mit den flatternden Ästen lebhaft an diesen Maler. G. van Blaaderens skizzenhafte, auf einen lichten blauen Ton gestimmte Landschaften sind in Frankreich oder in Belgien entstanden und Wolter hat den englischen Fischerplatz Whigby zu seinem Standquartier erkoren; unter seinen zahlreichen Werken, die eine gewisse fröhliche Buntheit charakterisiert, finden sich prächtige, gesunde Sachen. Zum Schluß sei noch der Amsterdamer J. C. Poortenaar erwähnt, der durch ein gutes Stilleben und ein ehrliches Porträt vorteilhaft vertreten ist. m. d. Henkel.
Ausstellung polnischer Keramik und polnischer Gläser in Warschau. Die Gesellschaft der Denkmalpflege eröffnete in ihren Räumen am Alten Markt eine große Ausstellung der alten polnischen Keramik und der polnischen Gläser. Über 1700 keramische Arbeiten sind hier aus dem Privatbesitz in die Öffentlichkeit gebracht worden. Die Abteilung der Kacheln enthält nicht sehr zahlreiche, dafür aber besonders alte und seltene Stücke, darunter auch solche, die aus romanischen Burgen und Kirchen stammen.
Am vollständigsten ist die Abteilung der Fayence und des Porzellans. DieBlüte der Fayence-Manufaktur in Polen fällt in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, in die Regierungszeit des Königs Stanislaus Augustus. Der König selbst eröffnete in Warschau neben seinem Schloß Belvedere eine Fayencefabrik. Viele Magnaten folgten ihm darin. Auf dem Gute des Marschalls Bielinski, in der nächsten Umgebung von Warschau, befand sich die von einem Sachsen namens Wolff geleitete Fabrik. Der aristokratische Industrielle Prot Potocki hatte seine Fabrik in Cudnow und der bekannte parlamentarische Redner Jezierski in Grembenice. An den östlichen Grenzen Polens in Telechany stand die Fabrik des Fürsten Oginski und in Korzec die des Fürsten Czartoryski. Von allen diesen Fabriken bestand am Anfang des 19. Jahrhunderts nur noch die letzte. Es entstanden aber neue Fabriken, die die zweite wichtige Periode der polnischen Fayence und des Porzellans ein
Es erübrigt sich, noch auf einige andere Erscheinungen der modernen holländischen Malerei hinzuweisen, die keiner bestimmten Richtung angehören, aber doch Neues und Eigenartiges schaffen. Da ist C. Huidekoper, der neben konventionellen, aber in der Farbe delikaten Sachen, Fischerbildern aus Volendam, ein wegen seiner persönlichen Auffassung auffallendes Interieur mit einer Bauernfamilie, die ihr Tischgebet verrichtet, ausgestellt hat. Der Gegenstand ist seit Israels’ Vorgehen bis zum Überdruß von holländischen Malern behandelt worden, aber immer in demselben Geist, immer wegen des Malerischen oder Gemütvoll-Innigen des Sujets. Huidecoper stellt die Szene als eine Art
Farce dar, er sieht nur die häßliche, nüchterne, kahle Einrichtung, die nackten grauen Wände, den geschmacklosen, ordinären Teppich und das Stumpfsinnig-Gierige in dem Ausdruck der Personen, für die das Gebet, wenn vielleicht auch keine Heuchelei, so doch eine ganz äußerliche Handlung ist; das Ganze empfindet er jedoch nicht tragisch, wie van Gogh in seinen Kartoffelessern, sondern humoristisch wie ein Jan Steen; an diesen Meister erinnert auch die liebevolle Beobachtung der beiden Kinder und der Katze im Vordergrund sowie einige Feinheiten der Farbe. Als ein in der Auffassung ganz selbständiges Werk muß hier auch noch das tote Kind von Fräulein Gori erwähnt werden. — Bei den Landschaftsmalern, die Neues bieten, ist es wohl auffallend, daß sie alle außerhalb ihrer Heimat ihre Motive wählen; das dürfte kein Zufall sein. Es hängt wahrscheinlich damit zusammen, daß es schwieriger ist, seiner Heimat, die man meistens mit den Augen der großen Meister, die sie interpretiert haben, sieht, neue Reize abzugewinnen, ihr gegenüber seinen selbständigen Blick zu wahren, als bei einer fremden Natur, die noch in ihrer jungfräulichen, von niemand entschleierten Schönheit vor einem liegt. So malen zwei Künstler, Filarski und Smorenberg, Alpenlandschaften aus der Umgegend von Genf, Schneefelder, die in der Sonne glänzen, die Weinberge bei Chailly, den Friedhof von Clärens in einer breiten, kräftigen Technik, in hellen, oft grellen Farben; Filarski ist der feinere, Smorenberg, der einen reliefartigen Farbenauftrag liebt, ist etwas gröber. Ein anderer, W. H. Singer, sucht seine Motive auf den Bergwiesen Norwegens, seine dekorative Behandlung scheint er dem Münchner Ludwig Dill abgesehen zu haben; jedenfalls erinnern seine Bäume mit den flatternden Ästen lebhaft an diesen Maler. G. van Blaaderens skizzenhafte, auf einen lichten blauen Ton gestimmte Landschaften sind in Frankreich oder in Belgien entstanden und Wolter hat den englischen Fischerplatz Whigby zu seinem Standquartier erkoren; unter seinen zahlreichen Werken, die eine gewisse fröhliche Buntheit charakterisiert, finden sich prächtige, gesunde Sachen. Zum Schluß sei noch der Amsterdamer J. C. Poortenaar erwähnt, der durch ein gutes Stilleben und ein ehrliches Porträt vorteilhaft vertreten ist. m. d. Henkel.
Ausstellung polnischer Keramik und polnischer Gläser in Warschau. Die Gesellschaft der Denkmalpflege eröffnete in ihren Räumen am Alten Markt eine große Ausstellung der alten polnischen Keramik und der polnischen Gläser. Über 1700 keramische Arbeiten sind hier aus dem Privatbesitz in die Öffentlichkeit gebracht worden. Die Abteilung der Kacheln enthält nicht sehr zahlreiche, dafür aber besonders alte und seltene Stücke, darunter auch solche, die aus romanischen Burgen und Kirchen stammen.
Am vollständigsten ist die Abteilung der Fayence und des Porzellans. DieBlüte der Fayence-Manufaktur in Polen fällt in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, in die Regierungszeit des Königs Stanislaus Augustus. Der König selbst eröffnete in Warschau neben seinem Schloß Belvedere eine Fayencefabrik. Viele Magnaten folgten ihm darin. Auf dem Gute des Marschalls Bielinski, in der nächsten Umgebung von Warschau, befand sich die von einem Sachsen namens Wolff geleitete Fabrik. Der aristokratische Industrielle Prot Potocki hatte seine Fabrik in Cudnow und der bekannte parlamentarische Redner Jezierski in Grembenice. An den östlichen Grenzen Polens in Telechany stand die Fabrik des Fürsten Oginski und in Korzec die des Fürsten Czartoryski. Von allen diesen Fabriken bestand am Anfang des 19. Jahrhunderts nur noch die letzte. Es entstanden aber neue Fabriken, die die zweite wichtige Periode der polnischen Fayence und des Porzellans ein