Fenster im Hintergründe steht wie ein stark weißes Laken und dämpft die anderen Farben, Beinschwarz, krankhaft helles Bordeaux und das Graugrün des beschatteten Gesichtes, das durch den glühend roten Karmoisinstreifen des Mundes zerschnitten wird. Unter allen anderen breit gehaltenen Tänzerinnenbildern Degas aus den letzten Jahren steht dieses den »Les blanchisseuses« bei Durand-Ruel am nächsten und noch mehr ist es mit einem der schönsten Degas, die ich jemals gesehen, einer sitzenden, vornüber geneigten, von hinten beleuchteten Dame bei Vollard in Paris verwandt.
Auch die skandinavische Kunst ist durch Vermittelung der »Freunde« vermehrt worden. Ernst Josephson, der temperamentvollste Bahnbrecher dermodernen schwedischen Kunst, der trotz seiner kurzen Wirksamkeit den unbestrittenen Rangplatz als vornehmster Kolorist Schwedens einnimmt, ist dem deutschen Publikum vor allem von den Gelegenheiten bekannt, wo seine Arbeiten durch Vermittlung Hermann Strucks in der Berliner Sezession ausgestellt waren und durch die Ausstellung des schwedischen Künstlerbundes daselbst 1910. Eines seiner koloristisch vollwichtigsten Jugendwerke, Saul und David, mit venezianischen Tönen von Gold und Rot, war die erste Gabe der »Freunde des Nationalmuseums« an das Nationalmuseum. — Die Sammlung dänischer Malerei hat ein paar bedeutende Zuschüsse erhalten, das eine Bild von dem, den man ohne Bedenken den größten jetzt lebenden religiösen Maler Europas nennen kann, das andere von dem vielleicht verfeinertsten Interieurmaler. »Und die Schlange sprach zum Weibe ... « heißt das Werk Joachim Skovgaards, dessen Freskomalereien in der Domkirche zu Viborg das obenstehende Urteil motivieren. In dem neuen Bilde des Museums ist das Hauptgewicht jedoch weniger auf den religiösen Ausdruck gelegt, als auf die Schilderung einer exotischen Landschaft von einem sonnetrunkenen Farbenreichtum und einer gewitterschwangeren Feuchtigkeit in der Luft. Die Eva-Gestalt des Vordergrundes gibt die schläferige Neugierde mit großer psychologischer Feinheit wieder, rein figural ermangelt sie aber der Kraft und Energie. — Von dem dänischen Koloristen in Weiß, Grau, Braun und Grüngrau, Wilhelm Hammershöj ist eines seiner subtilen Interieurs »In der Wohnstube« durch die »Freunde« von Privatmäzenen dem Nationalmuseum übergeben worden. Sowohl durch die Staffagefigur — ein lesendes Mädchen — wie durch die wählerische Farbenwahl lenkt das Gemälde die Gedanken zu dem Delftschen Vermeer hin; und Hammershöj ist, wie Emil Hannover sagt, »ein stiller Protest gegen alle grelle und glotzende Geschmacklosigkeit der Gegenwart«.
Auch die Kunstgewerbeabteilung und die Gravürensammlung sind infolge des Interesses der »Freunde« reicher geworden. Von einigen älteren schwedischen Silbersachen abgesehen, ist es vor allem der äußerste Osten, der eine vollständigere Repräsentation erhalten hat.
Der Kronprinz, dessen archäologische und künstlerische Interessen sich auf das Sammeln älterer chinesischer Keramik konzentrieren, von der er eine sehr qualitätsvolle Kollektion zusammenbrachte, hat für Rechnung der »Freunde des Nationalmuseums« eine große, bauchige, sgraffitoornierte Vase von spätem Sungtypus — ein schönes und seltenes Prachtstück — heimgebracht. Auf der 1911 in Stockholm abgehaltenen großen Ausstellung japanischer Kunst nahm die Sammlung des Malers Professor Oskar Björck einen hervorragenden Raum ein, die u. a. in einem Ausspruch Justus Brinckmanns ihre schöne Anerkennung fand. Die besten Nummern stammen aus der Sammlung des weltbekannten Experten Tadamasa Hayashis her, und der größte Teil der Björckschen Sammlung ist jetzt durch Veranstaltung der »Freunde« nach dem Nationalmuseum gekommen. Der
Schwerpunkt liegt in den Schwertzieraten, aus denen eine beinahe ununterbrochene geschichtliche Entwicklungskette zusammenzustellen ist, aber auch unter den 120 farbigen Holzschnitten und den 17 Büchern finden sich sehr gute Exemplare, obschon Professor Björck sich am meisten für die Holzschneider der neueren Blüteperiode interessiert hat. Einige Netsukes und ein hervorragender Dolch in Lackscheide füllen die Sammlung aus.
In einem folgenden Artikel werde ich Gelegenheit haben, über andere Erwerbungen, Ankäufe und Gaben des Museums ZU berichten. Erik Wettergren.
NEKROLOGE
* In Köln starb am 9. August im Alter von 78 Jahren der Bildhauer Professor Wilhelm Albermann. Er war am 28. Mai 1835 in Werden a. d. Ruhr geboren und an der Berliner Kunstakademie ausgebildet worden. In Köln, wo er seit 1865 wirkte, hat Albermann eine ungemein fruchtbare Tätigkeit ausgeübt. In seiner zweiten Heimat zeugen von seiner gefälligen, freilich kaum monumentalen Kunst die Standbilder der beiden Begründer des Wallraf- Richartz-Museums, das Kaiser Wilhelm-Denkmal am Ring, der Jan van Werth-Brunnen auf dem Alten Markt und der Hermann Joseph-Brunnen am Waidmarkt. Diese Brunnen mit ihrem reichen figürlichen Dekor sind wohl seine wertvollsten Schöpfungen. Außerdem hat Albermann, nicht nur in Köln, als Bauplastiker gewirkt — in dieses Gebiet war er einst von Raschdorff und Pflaume eingeführt worden. Zwei Söhne, Wilhelm und Franz Albermann, sind gleichfalls als Bildhauer tätig.
Mit dem soeben in Paris oder vielmehr auf dem Montmartre gestorbenen Maler Fernand Pelez, der trotz seines spanischen Namens ein geborener Bürger vom Montmartre war, verliert die zeitgenössische Kunst nicht sehr viel, der Montmartre aber mehr. Er war in seiner Malerei durchaus unabhängig und eigenartig. Um ihn festzuhalten, kargte die Societe des Artistes francais nicht mit ihren offiziellen Auszeichnungen, und schon vor 25 Jahren hatte Pelez das Kreuz der Ehrenlegion erhalten. Ungefähr zur nämlichen Zeit eröffnete er eine Akademie auf dem Montmartre, die jedoch nur mäßig besucht wurde, und von deren sehr beschränkten Einkünften er höchst bescheiden lebte.
Der im Alter von 73 Jahren verstorbene Maler Aim£ Morot war einer der bekanntesten Professoren an der staatlichen Kunstschule in Paris und seit dem Tode seines Schwiegervaters Geröme wohl der eifrigste Vorkämpfer der akademischen Richtung. Er hat in seinem langen und arbeitsreichen Leben so ziemlich alles gemalt, was ein akademischer Künstler malen darf, am bekanntesten ist er aber als Porträtist und als Soldatenmaler geworden. Im Luxembourg hängt eine Kavallerie-Attacke von ihm, eine Episode aus der Reiterschlacht von Mars-la-Tour, die für derartige Bilder gewissermaßen vorbildlich geworden ist und jedenfalls lebendiger und weniger hölzern aussieht als die im gleichen Saale hängenden Bilder von Detaille. In den letzten Jahren stellte er nur noch Porträts aus, so im diesjährigen Salon das Bildnis des Kammerpräsidenten Paul Deschanel, wie fast alle Arbeiten Morots ein gutes Beispiel einer ehrlichen, aber etwas langweiligen akademischen Kunst.
PERSONALIEN
X Zum Direktor des Großherzoglichen Museums und des Kunstgewerbemuseums in Weimar ist Dr. Anton Mayer in Berlin ernannt worden, der Gatte der bekannten Bühnenkünstlerin Lucie Höflich. Dr. Mayer, der einer alten Leipziger Familie entstammt und früher aktiver Husarenleutnant in Grimma i. S. war, siedelte vor mehreren Jahren