FUNDE
Florenz. Prof. Alessandro Chiappelli fand im Bodenraum der Brüderschaftskirche S. Maria del Giglio e S. Giuseppe unter altem Gerümpel das verloren geglaubte Holzmodell wieder, das Baccio d’Agnolo um 1520 für den Neubau der Kirche schuf. Nach Vasari war es des Künstlers letztes Werk. Das 1,60 m lange und 1,30 m breite Modell weicht von dem ausgeführten unvollendeten Bau ziemlich ab. Baccio d’Agnolo plante ein lateinisches Kreuz mit vier seitlichen Kapellen (heute existieren nur drei), geräumiger Tribuna und breitem Chor. Nach Vesari hat der Meister nur das Portal noch selber ausgeführt. Bei der großen Seltenheit von Original-Holzmodellen aus der Florentiner Renaissance-Periode ist der Fund Chiappellis von hoher Wichtigkeit. Das Modell von S. Maria del Giglio e S. Giuseppe reiht sich den beiden bisher bekannten Modellen der Domkuppellaterne und des Palazzo Strozzi würdig an. Das kostbare Kunstwerk soll sorgsam restauriert und entweder in dem Bargello oder im Museo di S. Marco (vielleicht auch ins Museo Topografico) überführt werden.
AUSSTELLUNGEN
Mannheim. Die diesjährige Künstlerbund - Ausstellung, die in den Räumen der städtischen Kunsthalle eine würdige Unterkunft gefunden hat, zeigt ein buntes und interessantes Gesicht. Sie zeichnet sich aus durch die Tatsache, daß viele Richtungen — alte und neue — zu Worte kommen; wie Graf Kalckreuth, der Bundespräsident, in seinen Eröffnungsworten ausführte: »Es platzen verschiedene Talente und Ansichten in diesen Kunstwerken aufeinander, aber weil sie alle Dokumente einer starken Individualität sind, tun sie sich nicht weh, sondern stärken sich gegenseitig.« — Die Ausstellung hat durch ihre Gruppierung fünf Akzente erhalten: einen Hodler- und einen Trübnersaal, den Saal der Juroren, die Klimtwand und die expressionistischen »Outsider«. Von Hodler sieht man tonig schöne frühe Landschaften, das interessante Männerporträt und die Uhrmacherwerkstätte — beide 1879 in Madrid entstanden —, verfolgt dann an einigen interessanten Zwischengliedern den Weg, der ihn zu seiner linearen Monumentalität führt: bekannten Beispielen, wie dem Mäher, dem Frühling und den aufgetürmten Gebirgsbildern. Die Zusammenführung dieser 20 Bilder in einem besonders günstigen Saal ist überaus glücklich. — Weniger kann man das sagen von dem Trübnersaal, der in die Ausstellung etwas eingequetscht erscheint. An mehr oder weniger bekannten Reiterbildnissen und Landschaften genießt man seine prächtige Malweise. In einem anschließenden Hauptsaal sind die Leute von Namen zusammengeordnet: Von Kalckreuth sieht man bedeutende Porträts und das farbig frische und heitere Bild der »Etta auf dem Balkon«, von Liebermann die frühe (Zillesche) Kleinkinderschule, badende Jungen, sowie die vorzügliche Gesellschaft des »Huis ter Duin«; von Slevogt ein großes, farbig wenig Reize bietendes Reiterbildnis; von Corinth eine energisch gemalte »Frau in Violett« und ein saftiges, sprühendes Stilleben. Thoma zeigt eine Waldlandschaft aus dem letzten Jahre von überraschender Frische. Sterls Steinbrecher, Kühls Interieur und Habermanns Akte repräsentieren charakteristisch diese Künstler. Sonst begegnet man auf der Ausstellung noch zwei hervorragend schön gemalten Landschaften Slevogts, deren eine von der Mannheimer Kunsthalle erworben wurde; ferner dem prophetischen Paulus Corinths, von dem dann noch die »corinthische« üppige Dame mit der Maske als eines der Hauptstücke der Ausstellung anzusehen ist. Klimt hat drei Werke von herrlichem Zusammenklang geschickt: die psychologisch tiefe »Familie«,
das große Bild: »Liebe und Tod«, sowie die märchenhaften »Sonnenblumen« von schönster dekorativer Wirkung. Von C. Moll sieht man eine Schneelandschaft und ein Interieur von apartem Farbenreiz. Von der älteren Generation sind vertreten die Sezessionisten C. Herrmann, Hübner, Pottner, E. R. Weiß und Rhein mit charakteristischen Bildern, die Weimaraner Th. Hagen, L. v. Hofmann und Mackensen, die Stuttgarter Faure, Grethe und Landenberger, die Karlsruher Dill, Hellwag und Volkmann, schließlich noch Stadler, Stuck, Tooby, Sieck u. a. Es genügt, ihre Anwesenheit auf der Ausstellung zu konstatieren; Überraschungen bieten sie dem Besucher kaum. Höchstens, daß man sich erstaunt über die etwas giftige Farbigkeit, die manchen Bildern Grethes nicht gut steht, oder über den energischen Ruck nach der Seite des Expressionismus, den die Kunst des klugen und besonnenen Hölzel genommen hat. Unter den Weimaranern erscheint zum ersten Male Th. Schindler, der früher in Mannheim lebte, mit einem farbig starken und gut charakterisierten Bildnis eines alten Bauern. — Es ist schwer, aus der Menge der vorgeführten Bilder einzelne in einer verständigen Gruppierung herauszugreifen; man kann es tun, indem man sieht, welche Leute an van Gogh orientiert sind, und wird da seine Freude haben an den sicheren Landschaften Theo von Brockhusens, oder man wird an einer Erscheinung wie Heckendorf empfinden, wie eine neue, glühende Leidenschaft den Weg weiter führt. Dann kann man feststellen, wie die Atmosphäre Cezannes ihre Wirkung ausgegeben hat, etwa an einem feinen Porträt von Rappaport, einem Stilleben von Dreher oder einer Landschaft Deußers. Oder man sieht, wie junge Talente aus Munchs ekstatischer Leidenschaftlichkeit Elemente zur Vertiefung herausholen, wie O. Möller. Das innere Bedürfnis zur seelischen Vertiefung äußert sich immer stärker und zahlreicher; man malt wieder Stoffe religiöser oder sozialer Art. So erscheinen einem Caspar und Weißgerber als Bahnbereiter in dieser Richtung. Auch Schockens düstere Totenwache liegt in dieser Richtung, schließlich auch Möllers (noch zu sehr komponierte) Pieta. Von H. Krayn gibt es ein stark sozial empfundenes Bild einer Mutter mit Kind, von einer fesselnden, erregten Linienführung und starker Ausdruckskraft der Farbe. E. Beeke trifft in einem Bilde die nüchterne Trostlosigkeit einer Vorstadtecke überzeugend; Altherr faßt in einem Bild »Resignation« einen schwermütigen Eindruck sicher zusammen. Er ist ein verheißungsvoller Künstler, jetzt aus Karlsruhe nach Stuttgart berufen. Von badischen jüngeren Künstlern führe ich an Brasch, Gebhard und Hildenbrand. Sie gehen sicher und zielbewußt eigene Wege. — W. Laage, früher in Karlsruhe, zeigt eine schnittige, farbig düstere Heidelandschaft von starker Stimmung. Landschaften sieht man dann weiter von dem Leipziger Berlit, dem Magdeburger K. Tuch, dem Berliner O. Me wes, ausgezeichnet durch eine persönliche Note, die bei Berlit farbiger, bei Tuch schwermütiger, bei Me wes nuancierter ist. Sie sind frei von dem Einfluß, den Rösler neuerdings um sich her verbreitet (Partikel ist einer von seinen Gefolgsleuten). Es ist eine kraftvolle Zusammenfassung impressionistischer Wirkung in den Bildern enthalten, deren inneres Gerüst nicht selten Gefahr läuft, zerbrochen zu werden, im ganzen eine starke Persönlichkeit. Dies gilt auch von Beckmann, dessen Selbstbildnis zwar ein wenig flau ist, dessen großes Bild der Amazonenschlacht indes ein gewaltiges Können, einen sicheren Drang nach Komposition und einen energischen farbigen Ausdruck enthält.
M. Neumann berührt sich in seinem Hafenbild ein wenig mit der koloristischen Ausdrucksweise Beckmanns; in dem giftig-schillernden »Nachtcafe« gibt er den Eindruck