Theodore Duret ein Geschenk in Gestalt dreier kleiner Ölstudien von Courbet gemacht worden: ein Esel, eine tote Rehgeiß und eine Weintraube, welche letztere noch besonderes Interesse durch den Umstand erhält, daß sie von Courbet, der sich bekanntlich als Revolutionär am politischen Leben beteiligte, im Gefängnis gemalt worden ist.
Paris erhält wieder ein neues Museum: das Mus£e Edouard Andrö, das noch im Herbst des gegenwärtigen Jahres eröffnet werden soll. Die verwitwete Frau Edouard Andre hat dem Institut de France ihre Wohnungen am Boulevard Haussmann mit der darin befindlichen Gemäldesammlung, sowie das Schloß Chaalis mit den umgebenden Waldungen und Feldern der Domäne Ermenonville, nahe bei dem Schloß Ermenonville, wo Jean Jaques Rousseau starb und bis zur großen Revolution begraben war — vermacht. Die natürlichen Erben hatten zuerst gegen dieses Testament protestiert, es kam indessen nicht zum Prozesse, sondern man schloß einen Vergleich ab, der den Erben einige Zugeständnisse macht und in der Hauptsache den Willen der Erblasserin bestehen läßt.
Wien. Österr. Museum für Kunst und Industrie. Die Aufstellung des neuerworbenen Brunner Porzellanzimmers ist schon kurz berichtet worden. Nun, da die Publikation dieses Objektes durch Leisching-Brünn und Folnesics (Kunst und Kunsthandwerk XVI) vorliegt, können nähere Angaben gemacht werden. Es ist zweifellos, daß dieses Zimmer die größte und wertvollste Erwerbung des Museums in den letzten Jahren darstellt, wertvoll sowohl in allgemeiner Hinsicht als eines der interessantesten kunstund kulturgeschichtlichen Dokumente der deutschen Rokokozeit, als auch im besonderen für Wien als die umfangreichste und wohl auch bedeutendste Leistung aus der Frühzeit der Wiener Porzellanfabrik. Das Zimmer ist mit prächtig geschnitzten Holzlambris versehen, der Kamin, die Hängelüster, die Wandleuchter, die Uhr usw. sind ganz aus Porzellan. Außerdem sind an den Wänden, auf dem Kamin, den Wandtischchen, auf Wandkonsolen gegen 100 Porzellane (70 Vasen, zwei Teller, zwei runde Platten, ein Wappenschild, eine Schüssel, Tassen usw.) aufgestellt. Das Charakteristische und Exzeptionelle an diesem Zimmer ist, daß sämtliche Holzteile des Zimmers, die Sockelverkleidung, die Wände, Tür- und Fensterrahmen und -Aufsätze, die Bilderrahmen, die Möbel, selbst die Fußbank und der Spucknapf mit 1400 bemalten Zierplättchen aus Porzellan belegt sind. Das Zimmer ist für das Porzellan direkt komponiert, es ist »gleichsam ein großer Prunkschrank für Porzellan, den aber der Beschauer nicht von außen betrachtet, sondern in den er eintreten kann«.
Dieses Zimmer befand sich bis zur Erwerbung durch das Museum im gräfl. Dubskyschen Palais in Brünn. Das Palais war 1805 in den Besitz dieser Familie gekommen. Im 18. Jahrhundert besaßen das Palais (seit 1724) die Czobor de Szent-Mihäly, seit 1762 die Piati. Im Zimmer fand sich über dem Pfeilerspiegel ein Wappen der Piati; bei näherer Untersuchung stellte es sich aber heraus, daß dieses Wappen nur mit Ölfarbe auf einer bemalten Porzellanplatte aufgemalt war. Als man dieses aufgemalte Wappen entfernte, kam das Wappen der Czobor zum Vorschein.
Die Schnitzereien des Zimmers und ein großer Teil der Möbel stammen aus der Zeit nach 1740, verschiedene Einrichtungsgegenstände dagegen erst aus der Louis XVI.-Zeit. Die Porzellane hingegen sind älter als das Zimmer. Die meisten zeigen die charakteristischen Wiener Chinoiserien und die bezeichnenden Blumen aus der ersten Periode der Fabrik unter Du Paquier. Die Vasen zeigen durchaus ostasiatische Formen in mäßigen Dimensionen. Die Dekorationsmotive sprechen teils für die Zeit zwischen 1719 — 1725, teils für die Zeit zwischen 1725—1730. Jedenfalls sind die Stücke vor 1730 entstanden.
Übri+gens sieht man an der Vertäfelung, daß das Zimmer nicht für seinen letzten Aufenthalt im Dubskyschen Palais gearbeitet war, sondern sich einmal an einem andern Orte befunden haben muß, und daß es bei dieser Übertragung verkleinert worden ist. Aus der Tatsache, daß einige Einrichtungsgegenstände aus der Louis XVI.-Zeit ebenfalls mit den gleichen frühen Plättchen geschmückt sind, ersieht man, daß diese Plättchen in den zwanziger Jahren jedenfalls in größerem Vorräte gearbeitet worden sind.
o. p.
Das Kupferstichkabinett des British Museum bleibt vom 8. September an auf mehrere Monate geschlossen. Da die Sammlung während dieser Zeit selbst den wissenschaftlichen Beamten zum großen Teil unzugänglich sein muß, wird es schwierig sein, auswärtigen Kollegen und Forschern im gewohnten Maße Auskunft über die Bestände zu erteilen. Die Direktion bittet daher um jede Nachsicht.
VERMISCHTES
Wien. Auf Anregung ihres Protektors, des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand, hat die Zentralkommission für Denkmalpflege einen Erlaß an ihre Konservatoren und Korrespondenten geschickt, der bezweckt, die Ausfuhr von Kunstwerken möglichst zu verhindern. Sollte der Verkauf von Kunstwerken aus Privatbesitz unvermeidlich sein, »so mögen sich die Besitzer an die Konservatoren und Korrespondenten wenden, damit sie den Verkauf an ein öffentliches Museum des Landes vermitteln«. Bei drohendem Verkaufe ins Ausland steht dem Staate das Vorkaufsrecht zu, und die Konservatoren sind verpflichtet, bei allen ihnen bekannt gewordenen Fällen drohenden Verkaufs der Behörde Mitteilung zu machen. Die in öffentlich rechtlichem Besitze befindlichen Antiquitäten sollen überhaupt nicht oder nur dann, wenn das Objekt an seinem Aufbewahrungsorte gefährdet wäre, veräußert und dann stets an ein öffentliches Museum abgegeben werden. Auch das bereits im Kunsthandel befindliche Kunstgut aus heimischem Besitze soll dem Lande erhalten bleiben.
Leider müssen all diese Vorschläge, Aktionen und Erlasse totes Papier bleiben, solange das seit langer Zeit ventilierte Denkmalschutzgesetz nicht endlich dem Parlamente vorgelegt und hoffentlich auch angenommen wird. Freilich ist zu beidem zurzeit wenig Aussicht vorhanden. Und bis dahin ist die Zentralkommission trotz ihres neuen Statutes und ihrer neuorganisierten Beamtenschaft der privaten Spekulation gegenüber völlig machtlos.
Inhalt: Neuerwerbungen des Nationalmuseums zu Stockholm. — Wilhelm Albermann t; Fernand Pelezf; Aime Morotf. — Personalien. — Wettbewerbe: Bebauungsplan für Reichenberg in Böhmen, Botschafterpalais in Washington, Denkmal für Alexander II. in Petersburg. — Der schiefe Turm in Pisa. — Denkmal der Brüder Van Eyck in Oent. — Holzmodell von S. Maria del Oiglio e S. Oiuseppe in Florenz. — Ausstellungen in Mannheim, Frankfurt a. M., Karlsruhe, Paris. — Zu Veit Stoß. — Lady Carlisles Schenkung an die Londoner National Gallery; Schenkungen an den Louvre; Musee Edouard Andrd in Paris; Österr. Museum für Kunst und Industrie in Wien; Kupfersticlikabinett des British Museum. — Ausfuhr von Kunstwerken aus Österreich.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße 11a
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
Paris erhält wieder ein neues Museum: das Mus£e Edouard Andrö, das noch im Herbst des gegenwärtigen Jahres eröffnet werden soll. Die verwitwete Frau Edouard Andre hat dem Institut de France ihre Wohnungen am Boulevard Haussmann mit der darin befindlichen Gemäldesammlung, sowie das Schloß Chaalis mit den umgebenden Waldungen und Feldern der Domäne Ermenonville, nahe bei dem Schloß Ermenonville, wo Jean Jaques Rousseau starb und bis zur großen Revolution begraben war — vermacht. Die natürlichen Erben hatten zuerst gegen dieses Testament protestiert, es kam indessen nicht zum Prozesse, sondern man schloß einen Vergleich ab, der den Erben einige Zugeständnisse macht und in der Hauptsache den Willen der Erblasserin bestehen läßt.
Wien. Österr. Museum für Kunst und Industrie. Die Aufstellung des neuerworbenen Brunner Porzellanzimmers ist schon kurz berichtet worden. Nun, da die Publikation dieses Objektes durch Leisching-Brünn und Folnesics (Kunst und Kunsthandwerk XVI) vorliegt, können nähere Angaben gemacht werden. Es ist zweifellos, daß dieses Zimmer die größte und wertvollste Erwerbung des Museums in den letzten Jahren darstellt, wertvoll sowohl in allgemeiner Hinsicht als eines der interessantesten kunstund kulturgeschichtlichen Dokumente der deutschen Rokokozeit, als auch im besonderen für Wien als die umfangreichste und wohl auch bedeutendste Leistung aus der Frühzeit der Wiener Porzellanfabrik. Das Zimmer ist mit prächtig geschnitzten Holzlambris versehen, der Kamin, die Hängelüster, die Wandleuchter, die Uhr usw. sind ganz aus Porzellan. Außerdem sind an den Wänden, auf dem Kamin, den Wandtischchen, auf Wandkonsolen gegen 100 Porzellane (70 Vasen, zwei Teller, zwei runde Platten, ein Wappenschild, eine Schüssel, Tassen usw.) aufgestellt. Das Charakteristische und Exzeptionelle an diesem Zimmer ist, daß sämtliche Holzteile des Zimmers, die Sockelverkleidung, die Wände, Tür- und Fensterrahmen und -Aufsätze, die Bilderrahmen, die Möbel, selbst die Fußbank und der Spucknapf mit 1400 bemalten Zierplättchen aus Porzellan belegt sind. Das Zimmer ist für das Porzellan direkt komponiert, es ist »gleichsam ein großer Prunkschrank für Porzellan, den aber der Beschauer nicht von außen betrachtet, sondern in den er eintreten kann«.
Dieses Zimmer befand sich bis zur Erwerbung durch das Museum im gräfl. Dubskyschen Palais in Brünn. Das Palais war 1805 in den Besitz dieser Familie gekommen. Im 18. Jahrhundert besaßen das Palais (seit 1724) die Czobor de Szent-Mihäly, seit 1762 die Piati. Im Zimmer fand sich über dem Pfeilerspiegel ein Wappen der Piati; bei näherer Untersuchung stellte es sich aber heraus, daß dieses Wappen nur mit Ölfarbe auf einer bemalten Porzellanplatte aufgemalt war. Als man dieses aufgemalte Wappen entfernte, kam das Wappen der Czobor zum Vorschein.
Die Schnitzereien des Zimmers und ein großer Teil der Möbel stammen aus der Zeit nach 1740, verschiedene Einrichtungsgegenstände dagegen erst aus der Louis XVI.-Zeit. Die Porzellane hingegen sind älter als das Zimmer. Die meisten zeigen die charakteristischen Wiener Chinoiserien und die bezeichnenden Blumen aus der ersten Periode der Fabrik unter Du Paquier. Die Vasen zeigen durchaus ostasiatische Formen in mäßigen Dimensionen. Die Dekorationsmotive sprechen teils für die Zeit zwischen 1719 — 1725, teils für die Zeit zwischen 1725—1730. Jedenfalls sind die Stücke vor 1730 entstanden.
Übri+gens sieht man an der Vertäfelung, daß das Zimmer nicht für seinen letzten Aufenthalt im Dubskyschen Palais gearbeitet war, sondern sich einmal an einem andern Orte befunden haben muß, und daß es bei dieser Übertragung verkleinert worden ist. Aus der Tatsache, daß einige Einrichtungsgegenstände aus der Louis XVI.-Zeit ebenfalls mit den gleichen frühen Plättchen geschmückt sind, ersieht man, daß diese Plättchen in den zwanziger Jahren jedenfalls in größerem Vorräte gearbeitet worden sind.
o. p.
Das Kupferstichkabinett des British Museum bleibt vom 8. September an auf mehrere Monate geschlossen. Da die Sammlung während dieser Zeit selbst den wissenschaftlichen Beamten zum großen Teil unzugänglich sein muß, wird es schwierig sein, auswärtigen Kollegen und Forschern im gewohnten Maße Auskunft über die Bestände zu erteilen. Die Direktion bittet daher um jede Nachsicht.
VERMISCHTES
Wien. Auf Anregung ihres Protektors, des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand, hat die Zentralkommission für Denkmalpflege einen Erlaß an ihre Konservatoren und Korrespondenten geschickt, der bezweckt, die Ausfuhr von Kunstwerken möglichst zu verhindern. Sollte der Verkauf von Kunstwerken aus Privatbesitz unvermeidlich sein, »so mögen sich die Besitzer an die Konservatoren und Korrespondenten wenden, damit sie den Verkauf an ein öffentliches Museum des Landes vermitteln«. Bei drohendem Verkaufe ins Ausland steht dem Staate das Vorkaufsrecht zu, und die Konservatoren sind verpflichtet, bei allen ihnen bekannt gewordenen Fällen drohenden Verkaufs der Behörde Mitteilung zu machen. Die in öffentlich rechtlichem Besitze befindlichen Antiquitäten sollen überhaupt nicht oder nur dann, wenn das Objekt an seinem Aufbewahrungsorte gefährdet wäre, veräußert und dann stets an ein öffentliches Museum abgegeben werden. Auch das bereits im Kunsthandel befindliche Kunstgut aus heimischem Besitze soll dem Lande erhalten bleiben.
Leider müssen all diese Vorschläge, Aktionen und Erlasse totes Papier bleiben, solange das seit langer Zeit ventilierte Denkmalschutzgesetz nicht endlich dem Parlamente vorgelegt und hoffentlich auch angenommen wird. Freilich ist zu beidem zurzeit wenig Aussicht vorhanden. Und bis dahin ist die Zentralkommission trotz ihres neuen Statutes und ihrer neuorganisierten Beamtenschaft der privaten Spekulation gegenüber völlig machtlos.
Inhalt: Neuerwerbungen des Nationalmuseums zu Stockholm. — Wilhelm Albermann t; Fernand Pelezf; Aime Morotf. — Personalien. — Wettbewerbe: Bebauungsplan für Reichenberg in Böhmen, Botschafterpalais in Washington, Denkmal für Alexander II. in Petersburg. — Der schiefe Turm in Pisa. — Denkmal der Brüder Van Eyck in Oent. — Holzmodell von S. Maria del Oiglio e S. Oiuseppe in Florenz. — Ausstellungen in Mannheim, Frankfurt a. M., Karlsruhe, Paris. — Zu Veit Stoß. — Lady Carlisles Schenkung an die Londoner National Gallery; Schenkungen an den Louvre; Musee Edouard Andrd in Paris; Österr. Museum für Kunst und Industrie in Wien; Kupfersticlikabinett des British Museum. — Ausfuhr von Kunstwerken aus Österreich.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße 11a
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig