viel zu Venedig, mehr aber zu Amsterdam, und werden daselbst in sehr hohen Ehren gehalten«.
Wo ist das alles hingekommen? Vielleicht übertrieb Sandrart etwas; aber jetzt ist das einzige Bild in Holland ein vor einiger Zeit von mir erworbenes kleines Werk mit Soldaten und Hunden und diese Zeichnung. Eine andere wird ihm im Amsterdamer Kupferstichkabinett zugeschrieben.
Höchst auffallend ist die Art, in der links die Frau mit den Kindern gezeichnet ist. Ist das nicht beinahe 18. Jahrhundert? Und Jan Lys starb 1629 in Venedig!
Es ist eine sehr erfreuende Tatsache, daß ein Kunstgelehrter, Dr. Peltzer, sich endlich daran gemacht hat, diesem aparten Meister eine Monographie zu schreiben. Die Arbeit ist keine leichte, denn das seltene Werk des Lys muß mit Mühe zusammengesucht und in Venedig die Archive dafür ernstlich geprüft werden, aber die Aufgabe ist eine dankbare, denn es gilt hier wirklich einem großen Meister zu seinem Rechte zu verhelfen.
Die Originalgröße der Zeichnung, die gelitten hat — überall sind kleine Stückchen eingesetzt, ohne daß Wesentliches beschädigt wurde — ist 0,335 m breit, 0,225 m hoch.
A. Bredius.
Ein neuentdecktes Altarwerk Riemenschneiders? In der einfachen spätgotischen Landkirche in Kefermarkt (Oberösterreich) steht ein mächtiger holzgeschnitzter Altar, der dem hl. Wolfgang geweiht ist. In der Lokalliteratur ist er schon lange bekannt, Adalbert Stifter hat einen feinsinnigen Aufsatz über ihn geschrieben, der für seine Zeit mit anerkennenswertem künstlerischen Verständnis, allerdings ohne die Methode und die Kenntnisse der modernen Kunstwissenschaft verfaßt ist. In der Geschichte der deutschen Plastik ist der Altar dagegen in seiner sicherlich großen Bedeutung noch keineswegs entsprechend gewürdigt.
Dem wird künftig abgeholfen sein. Vor kurzem hat der Museumsdirektor von Linz, Her. Ubell in »Kunst u. Kunsthandwerk« (XVI. Jahrg. [1913] Heft 1, S. lff.) eine eingehende Beschreibung und Würdigung dieses Altarwerkes veröffentlicht, die mit einem umfangreichen Apparat vorzüglicher großer Abbildungen illustriert ist. Diese Publikation ist sicher äußerst dankenswert, denn das Werk verdient der kunsthistorischen Forschung bekannt zu werden. In kurzem hat sich auch eine lebhafte kunsthistorische Debatte um diesen Altar entsponnen. Über seine künstlerische Bedeutung ist man sich einig, nicht aber über die kunsthistorische Bestimmung. Denn Ubell hat den Altar dem unterfränkischen Meister Tilman Riemenschneider zugeschrieben.
Und diese Zuschreibung ist tatsächlich für jeden Kenner unterfränkischer Plastik überraschend. Wie soll dieser Meister, der zu seinen Lebzeiten nur in seinem engsten heimatlichen Kreis, nämlich Unterfranken, streng genommen nur im Hochstift Wiirzburg und den zunächst anstoßenden Gebieten bekannt und geschätzt war, dazu gekommen sein, in dem fernen Oberösterreich ein Altarwerk zu schnitzen? Urkundlich kann es auch Ubell nicht belegen, sondern er stützt sich auf stilkritische Momente. Auf die zusammenfassende Gesamtcharakteristik Riemenschneiders durch seinen Biographen Tönnies fußend entdeckt er in der Gesamtauffassung, dem großzügigen Gewandstil, dem Fehlen der Fassung, aber auch in Nebendingen wie in dem Stehen der Madonna auf der Mondsichel (!), den dekorativen Buchstaben auf den Gewandsäumen so viel Ähnlichkeiten, daß er zu dem Schlüsse kommt: »Es dürften schon die vorgebrachten Argumente hinreichen, um den stilistischen Nachweis zu erbringen, daß der Meister des Kefermarkter Altares mit Tilman Riemenschneider identisch ist.« (S. 62.)
Jan Lys, Landsknechte und Kurtisanen. Zeichnung. (Amsterdam, A. Bredius)